Lilli
1. Nov. 2024
Katzenreise
Gerade ging die Sonne im Meer unter. Die Katze Moon und ihre Schwester Sanni saßen am Strand. Moons Tochter Kitty spielte im Sand. Etwas weiter hinten wuchsen Brombeerranken. Sie verdeckten ein Loch zwischen den Wurzeln einer toten, riesigen Weide. Das war der Bau, in dem Moon, ihre Schwester Sanni und ihre Tochter Kitty lebten. Einige hunderte Meter entfernt befanden sich einige Höfe in denen viele Mäuse lebten. Auf der anderen Seite der Meeresbucht war eine große Stadt. Es gab etwas weiter weg eine kleine Insel, die man in der Ferne sehen konnte.
Moon hielt hungrig Ausschau nach einem Fisch. Sie wollte noch etwas essen, bevor sie schlafen ging. Da entdeckte sie tatsächlich einen Fisch. Klatsch, schon hatte Moon ihn erwischt. Sie legte ihren Fang in den Sand und rief: „Sanni, Kitty! Essen!“ Kurz darauf kamen die beiden angerannt. Als sie alle satt waren, gingen sie in den Bau. Er war mit Moos und Sand ausgepolstert. Sie legten sich hin, Moon kuschelte sich an ihre Tochter Kitty und sie schliefen ein.
Am nächsten Morgen liefen Moon, Sanni und Kitty zu einem der Höfe. Kitty jammerte, dass ihre Pfoten wehtaten, ihr war der Weg zu weit. Sie hörte nicht auf sich zu beklagen, bis ihre Mutter ihr mit Bauarrest gedroht hatte.
Als die Katzen ankamen, stieg ihnen der verführerische Duft von Mäusen in die Nase. Schnell verschwanden die drei zur Jagd in einer Scheune. Kurz darauf kam Moon mit zwei Mäusen zurück. Kitty hatte einen Spatz und Sanni hatte drei Mäuse erwischt. Sie trugen ihren Fang in den Bau und aßen erst einmal.
Sanni fragte: „Ich bringe Kitty heute schwimmen bei, wenn das okay ist, Moon.“
Kitty bettelte: „Oh ja! Bitte Mama, darf ich?“
Moon antwortete: „Na gut. Sanni, pass bitte gut auf sie auf.“
Sanni sagte fürsorglich: „Na klar pass ich auf sie auf!“
Kitty jaulte begeistert: „Juchhu! Danke, Mama.“
Nun wurden sie unterbrochen, als es am Strand laut dröhnte. Sie rannten zum Ufer und erstarrten. Dort legte ein riesiges Schiff an. Moon kam ihre andere Schwester Schmetterling in den Sinn. Sie war als Junges auf so etwas draufgesprungen. Wie sie später lernte, nannte man es ein Schiff. Schmetterling war seitdem verschwunden.
Moon wollte Kitty gerade warnen, doch zu spät. Kitty war neugierig und schon gesprungen. Moon verstand sich selbst nicht, als sie mit Sanni hinter dem Jungen hersprangen.
Als sie oben an Deck des Schiffs waren, suchten sie überall nach Kitty. Endlich fanden sie Kitty. Die drei rannten zurück und wollten schnell an Land springen. Doch genau als sie abspringen wollten, fuhr das Schiff wieder los in Richtung Stadt.
Sanni seufzte: „Oh nein was machen wir denn jetzt?“
Kitty jammerte: „Das ist meine Schuld. Ich sollte nicht so neugierig sein.“
Moon tröstete sie: „Das ist nicht deine Schuld, das hätte jedes Junges gemacht, sei nicht traurig.“
Kitty seufzte laut.
Eine Stunde später legte das Schiff am Hafen der Stadt an. Die Katzen sprangen von Bord. Da waren sie nun: In einer fremden Welt, der unbekannten Stadt.
Moon sagte traurig: „So schnell geht es, dass man sein Zuhause verliert.“
Die Katzen liefen am Hafen herum. Hier konnte man es aushalten. Überall waren Eimer, die mit großen Fischen gefüllt waren. Die Katzen blickten in den Himmel. Als es anfing zu donnern und zu blitzen, meckerte Kitty: „Und wo sollen wir jetzt hin?“
Moon antwortete: „Hm, ich habe keine Ahnung, aber wir sollten verschwinden, denn ich rieche andere Katzen.“
Auf einmal hörten sie auch die fremden Katzen. Eine der Katzen kam um die Ecke. Sie war schwarz wie Moon und gold wie Sanni. Moon erkannte sie sofort. Es war ihre verschollene Schwester Schmetterling! Sanni erkannte sie nicht. Sie war zu jung gewesen, um sich zu erinnern. Ein Kater begleitete Schmetterling. Ihn kannte Moon nicht.
Moon rief überrascht: „Schmetterling, du lebst!“
Schmetterling antwortete glücklich: „Moon, ich habe gedacht, ich würde dich nie wiedersehen!“ Die beiden Schwestern umstreiften sich und leckten sich liebevoll die Gesichter. „Ach ja, das ist übrigens mein Freund Charly.“
Sanni fragte durcheinander: „Äh, wer bist du und woher kennst du Moon?“
Moon sagte: „Das ist Schmetterling, sie ist unsere Schwester. Ihr ist schon als Junges das widerfahren, was uns heute passiert ist.“
Sanni miaute verwirrt: „Okay? Das ist also unsere Schwester Schmetterling. Wer ist nun dieser Charly? Ist er vielleicht unser Vater oder Onkel? Oder ein Bruder? Ein Schwager? Wer weiß, ist jetzt jede Katze, die wir treffen mit uns verwandt?“
Moon antwortete: „Natürlich nicht, aber wer Charly ist, wüsste ich auch gerne. Oh! Noch etwas: Wo ist jetzt Kitty?“
Schmetterling fragte: „Wer ist Kitty? Wenn sie das Junge ist, das gerade ins Kuchenterritorium gelaufen ist, dann sollten wir schnell hinterher. Dort kann man sich super verlaufen. Die Katzen die dort wohnen, kämpfen nur, wenn eine Katze ein Stück Kuchen nimmt, und das ist offensichtlich bei einem Jungen. Zu Charly: Er hat mich hier als Leiter dieses Territoriums aufgenommen und wir wurden beste Freunde. Also: zack zack, los!“
Sanni sagte scherzhaft, während sie rannten: „Okay, aber bitte rede nicht mehr so viel.“
Die Katzen rannten zusammen an unzähligen Kuchenständen vorbei. Charly und Schmetterling flitzten durch eine enge Gasse und kamen bei ein paar verlassenen Ständen an. Überall waren Katzen.
Charly rief laut: „Leiter der Kuchenbande, tretet vor.“ Ein großer Kater, dessen graublauer Pelz irgendwie leuchtete, kam hervor. „Hallo, Blaubeere, habt ihr zufällig ein schwarzes Junges mit goldfarbenem Pelz an Gesicht und Pfoten gesehen? Es ist gerade in diese Richtung gelaufen.“
Blaubeere sagte: „Hallo, Charly, mir geht es gut! Danke der Nachfrage. Ja, das Junge ist hier angekommen. Es spielt mit unseren Jungen, ich hole es schnell.“
Charly antwortete: „Vielen Dank.“
Etwas später kam Blaubeere wieder, gefolgt von Kitty.
Moon rannte auf sie zu. „Was machst du nur für Sachen? Ich hatte solche Angst!“
Die Katzen verließen das Kuchenterritorium und folgten nun wieder Charly und Schmetterling.
„Wir werden euch als Erstes in unser Lager bringen. Dann schauen wir mal, wie es weitergeht“, sagte Charly.
Sie rannten, rannten und rannten. Als sie endlich mitten in der Stadt zu einer angelehnten Tür an einem Alien-Bau kamen. Aliens sind Wesen ohne Pelz, die auf zwei Beinen gehen. Sie liefen durch den verlassenen Bau dieser Wesen, hinten wieder durch einen Gang nach draußen. Sie kamen in einen riesigen Garten. Überall waren Katzen.
Charly erklärte: „Das ist die Flugbande. Manche haben noch ihre Einzelläufer-Namen wie ich, andere haben schon einen passenden Namen wie Schmetterling oder ändern ihn.“
In der Mitte war ein großer Seerosensee mit vielen Fischen darin. Überall waren Rosenbüsche. Vor einem mittelgroßen Busch spielten ein paar Junge. In einer Mooskuhle spielten Katzen, die etwa so alt waren wie Kitty. Sie rannte zu ihnen und spielte mit ihnen. Moon und Sanni ließen sich von Schmetterling alles erklären.
„Dort, wo die etwas jüngeren Katzen sind, sind die Lehrlinge. Die Eltern sind Krieger, ein paar der Krieger sind Lehrer. Sie trainieren die Lehrlinge. Da drüben, wo die Jungen spielen, ist der Familienbau. Dort leben die Mütter. Hier, wo die Älteren sind, ist der Ältestenbau. Der große Rosenbusch dort ist der Zauberbau. Darin lebt die Zauberin. Zu ihr solltet ihr mal gehen. Eure Krallen bluten vom ganzen Herumgerenne. Danach könnt ihr in den Gästebau gehen, um euch auszuruhen. Es gewittert ja noch immer. Das ist der Bau da drüben. Also, wir sehen uns dann später beim Essen.“
Moon und Sanni taten genau das. Sie ruhten sich aus und ließen ihre Pfoten versorgen. Als Essenszeit war entdeckten sie Kitty bei einer Gruppe Lehrlinge, die sich einen Vogel teilten. Inzwischen war das Gewitter weitergezogen. Als sie mit ihrer Mahlzeit fertig waren, gingen sie ins Bett. Sanni flüsterte Moon noch im Halbschlaf zu, dass Kitty bei den anderen Jungen im Familienbau schlafen wollte, und sie es ihr erlaubt hatte. Nun schliefen die beiden Schwestern ein.
Am nächsten Morgen holten Moon und Sanni Kitty ab. Sie erklärten Charly, dass sie nicht länger bleiben konnten, weil sie ihren Bau beschützen mussten. Moon und Sanni waren nicht an die Jagd und das Leben in der Stadt gewöhnt. Sie vermissten ihren Bau.
Charly verstand das. Die Schwestern bedankten sich für alles. Moon fragte Schmetterling, ob sie sie später zum Hafen bringen könne.
Nach dem Frühstück, als alle satt waren, nervte Kitty noch ein bisschen. Auf dem Weg zum Hafen war Kitty nervös und auf einmal stellte sie die Frage, vor der Moon schon ihr ganzes Leben Angst hatte: „Wer ist eigentlich mein Vater?“
Moon stotterte von Trauer überflutet: „E-er ist, er hat … na ja … er hat uns verlassen. Er war goldfarben mit ziegelroten Streifen. Wir hatten zwei Junge: dich und Suli. Sie sah aus wie er. Er hatte – wie soll ich sagen? – zu einer Gemeinschaft gehört. Suli wollte immer wie er werden, also schlossen sie sich ihnen wieder an. Sie kamen leider nie mehr zurück.“
Kitty starrte ihre Mutter mit offenem Mund an und das eine halbe Ewigkeit. Plötzlich waren sie schon am Stadthafen angekommen. Kurz darauf hörten sie das laute Dröhnen des Schiffes. Moon wusste, nun hieß es Abschiednehmen. Sie flüsterte Schmetterling ins Ohr: „Danke für alles.“ Sie umstreiften sich liebevoll.
Schmetterling nickte Moon zu, ein Zeichen für „Selbstverständlich“.
Sanni stupste Schmetterlings Nase sanft an. „Auf Wiedersehen, Schmetterling.“
Kitty sprang aufgeregt um ihre neue Tante herum und sagte: „Komm uns doch bald mal besuchen, ja?“
Schmetterling sagte herzlich: „Es war so schön, euch zu sehen. Ich werde probieren, euch bald zu besuchen. Auf Wiedersehen.“
Moon, Sanni und Kitty sprangen an Bord. Mit traurigen Blicken schauten sie einander hinterher. Die Schifffahrt machte ihnen keine Angst mehr, sie kannten nun die Strecke.
Eine Stunde später waren sie in ihrer Bucht angekommen und sprangen von Bord. Da waren sie endlich wieder: zu Hause.
Kitty scherzte: „Mama mir ist langweilig. Hast du Lust auf ein Abenteuer?“