La estúpida invencible
Dina Noche Prudencio
Deine selbstsicherste Figur ist vollkommen mit einer handwerklichen Aufgabe überfordert.
„Na super, ich bekomme das einfach nicht hin!“ Verzweifelt fingerte Kim im Werkzeugkoffer herum und suchte den passenden Schraubendreher. Ihr Fahrrad hatte einen Platten, den sie nun flicken wollte.
„Komm, ich mache das für dich“, bot Tiago ihr an.
„Wirklich? Ah, du bist meine Rettung.“ Dankbar ließ sie alle Teile fallen, die sie auf sich ausgebreitet hatte und rappelte sich auf. „Ich verstehe nicht, wie man die passende Schraube für diese Schraube finden soll.“
„Du meinst die passende Nuss“, berichtigte Tiago sie.
„Was fängst du denn mit Nüssen an? Ich rede von Schrauben. Schrau-be!“, wiederholte sie langsam, als sei er begriffsstutzig.
„Ich habe dich schon verstanden. Das heißt eben so.“
„Bescheuert! Und welcher Laie soll das wissen?“
„Nun ja“, setzte Tiago an.
„Sag jetzt bloß nichts Falsches!“, warnte sie ihn mit erhobenem Zeigefinger. „Repariere jetzt mein Fahrrad oder ich kaufe mir ein neues!“
„Ich mache ja schon. Außerdem ist es dein Geld“, bemerkte Tiago.
„Mist!“, schien Kim erst jetzt aufzufallen. „Egal, konzentriere dich und sei still!“
„Jaja“, seufzte er und machte sich an die Arbeit.
„Und du, Dina“, motzte mich Kim unerwartet an, „kannst auch nur blöd grinsen! Würdest du es schaffen, ein Fahrrad zu reparieren?“
„Ich nicht, aber dafür habe ich meinen Tiago“, teilte ich ihr freudestrahlend mit. Tiago konnte einfach alles. Auf ihn konnte ich mich immer verlassen.
„Aha“, maulte Kim. „Ich will auch einen Tiago!“
„Sei freundlicher, dann findest du vielleicht einen“, riet ihr Tiago.
„He, du sollst schweigen und arbeiten. Hier unterhalten sich zwei Frauen!“, wies Kim ihn zurecht.
„Du bist echt unmöglich!“, fand ich. Ihre Art ging manchmal eindeutig zu weit. „Das geht echt gar nicht, Kim! Das lasse ich mir nicht bieten! So gehst du nicht mit meinem Freund um. Sei doch froh, dass er dir überhaupt dein Rad flickt. Wärst du nicht zu blöd gewesen und direkt durch die Kastanien gefahren, hätte er gar nicht die Arbeit gehabt.“ Dina schüttelte den Kopf. „Ach, Tiago“, seufzte sie, „du bist einfach viel zu gutmütig.“
„Ich weiß“, stimmte er mir zu. Inzwischen hatte er schon die zehnte Nuss ausprobiert und fand einfach nicht die richtige Größe.
„Klappt es?“, erkundigte sich Kim, der es ebenfalls aufgefallen war.
„So halb, ich finde die richtige Nuss nicht.“
„Walnuss, Haselnuss oder doch Pistazie?“, begann Kim aufzuzählen.
„Mensch, bist du dämlich“, stöhnte ich auf. „Wie kann man nur so blond sein?“
„Ich brauche 5er, 6er, 7er, 8er“, zählte Tiago auf. „Aber in deinem Vorrat ist irgendwie genau das nicht vorhanden, was ich brauche. Vor allem“, er lachte belustigt auf, „du hast Schlitz, Kreuz-Schlitz und Torx – wahrscheinlich weißt du nicht einmal, was das überhaupt ist –, aber einen stinknormalen Inbus suche ich hier vergeblich!“
„Was ist im Bus?“, wollte Kim wissen.
„Ich habe es befürchtet.“ Tiago schlug sich die Hände über dem Kopf zusammen. „Inbus, nicht im Bus!“
„Den normalen Linienverkehr oder einen Reisebus?“, fragte Kim weiter, ohne zu begreifen, was für einen Schwachsinn sie da von sich gab.
„¡Dios mío!“, stieß er verzweifelt aus. „¡Dale un cerebro a esta mujer!“ Schenke dieser Frau ein Gehirn!
Herrje, wenn Tiago auf Spanisch zu fluchen begann, war seine Verzweiflung wirklich gewaltig.
„Was hat er gesagt?“, fragte Kim verdattert nach.
„Er beschwert sich, dass du nicht die passenden Aufsätze hast, um das Fahrrad zu reparieren“, teilte ich ihr mit.
„So kann ich nicht arbeiten!“
„Soll ich welche bestellen?“, schlug Kim vor, die sich nicht anders zu helfen wusste.
„Bestellen? Kim, du machst mich echt fertig! Wärst du ein Computerspiel, könntest du der unbesiegbare Endgegner im Tempel der Dummen verkörpern.“
„Das ist nicht nett!“, beklagte sie sich und begann zu schmollen.
„Du bist auch nicht nett zu mir“, erinnerte er sie.
„Ich lasse dich mein Fahrrad reparieren, ist das nicht nett genug?“
„Furchtbar nett! Herzlichen Dank für deine Güte!“, sagte er sarkastisch. „Weißt du was, ich gebe auf. Du bist mein persönlicher Endgegner, den ich nicht besiegen kann. Ich nenne dich La estúpida invencible.“
Die unbesiegbare Dumme.
„Und was heißt das?“, wollte sie wissen.
Herrlich, wie ahnungslos Kim doch war. Ich warf mich vor Lachen fast weg. „Kim die Unbezwingbare“, half ich ihr mit einer Beinaheübersetzung weiter.
„Das klingt toll“, fand sie. „So darfst du mich gerne nennen! Das gefällt mir wirklich gut!“