12.12.2022 – 16.12.2022
Seminar 02
Mein zweites Seminar war unglaublich, bei dem ich wieder viel gelernt habe – nicht zuletzt über mich. Die Freude, die anderen FSJlerinnen und FSJler wiederzusehen war groß. Bereits im ersten Seminar sind wir zu einem tollen Team zusammengewachsen.
Um das kleine anfängliche Eis zu überwinden haben wir ein Spiel gespielt, das genau das beinhaltete: Eisschollen überqueren. Unsere Challenge bestand darin, ein eisiges Meer mithilfe von Eisschollen zu überqueren, ohne jemanden zu verlieren. Das war alles andere als einfach. Leider schafften es nicht alle, da wir zu viele Schollen verloren, doch wir standen ja gerade erst am Anfang.
Da bald Weihachten ist, haben wir uns bereits im letzten Seminar überlegt, zu wichteln. Am Abend des ersten Tages gab es also eine kleine Bescherung.
Am zweiten Tag wurde es turbulent. Auf der Reise in ein schönes und sonniges Land versagten plötzlich unsere Triebwerke und die Maschine stürzte ab. Überall im Haus verteilt wachten wir auf. Gemeinsam mussten wir das Flugzeug-Wrack finden und alle Verletzten dorthin bringen. Hier zeigte sich wieder, was für ein gutes Team wir waren. Jeder von uns hatte eine Rolle zugewiesen bekommen. So gab es Gelähmte, Ärzte, Verletzte und andere, die in all ihrer Vielfalt gemeinsam das Flugzeug zu erreichen versuchten. Nach kleinen Hindernissen hatten wir es geschafft und unser Ziel erreicht.
Passend dazu haben wir anschließend über Rollen und deren Aufgaben und Erwartungen gesprochen. Die Rolle als Sohn, FSJler, Freund, … Jede beinhaltet andere Erwartungen, die man erfüllen muss. Oft steht man auch zwischen zwei Rollen, bei denen man abwägen und Kompromisse eingehen muss. Auch der Rollenwechsel war ein Punkt, den ich nur zu gut kenne. In meinem FSJ erlebe ich nämlich täglich je mindestens zwei Rollen, zwischen denen ich wechsle: Der FSJler in der Schule als Betreuer, auch als LRS-„Lehrer“, in der ich Verantwortung übernehme und gewissermaßen auch eine Autorität darstelle. Im Gegensatz dazu verkörpere ich im Jugendhaus mehr einen Mitspieler. Ich kann hier mit einzelnen Kindern und Jugendlichen spielen und mir Zeit für sie nehmen, was beispielsweise in der Betreuung mit einer kompletten Schulklasse leider nicht so gut umsetzbar ist.
Über Nacht hat es unerwartet geschneit, sodass wir mittwochs nach unserem Programm eine Schneewanderung machten. Eine ausgelassene Schneeballschlacht durfte natürlich nicht fehlen.
Wie ich bereits im letzten Blog angekündigt hatte, bekamen wir Besuch von einem Referenten. Er erzählte uns anhand eindrucksvoller Bilder von seinen Einsätzen im Ausland als Katastrophenhelfer beim Roten Kreuz. Seinen Vortrag fand ich beeindruckend, in dem er über unterschiedliche Einsätze in Katastrophengebieten berichtete – nicht zuletzt über die Ukraine. Es brachte mich stark zum Nachdenken. Nach großen Katastrophen steht das Rote Kreuz allen hilfebedürftigen Menschen bei, ganz egal, woher sie kommen. Für mich wäre solch ein Einsatz, der in manchen Fällen mehrere Monate gehen kann, eine extreme Herausforderung. Ich weiß nicht, ob ich es schaffen würde. Es erfordert großen Mut und Anstrengungen, solches zu leisten. Ich finde es unglaublich beeindruckend, was die Helfer im Roten Kreuz vollbringen.
Am Donnerstag stand eine Challenge vor uns, die uns an unsere Grenzen brachte. Wir sprachen über unsere Komfortzone. Daneben gibt es auch die Lern- und die Panikzone. Genau dorthin wurden wir geschickt: an die äußerste Grenze unserer Lernzone.
Im innersten Ring, in der Komfortzone, fühlt man sich am wohlsten. In der Lernzone tritt man aus dem Gewohnten heraus und begibt sich in unbekannte Gebiete, die außerhalb des Wohlfühlbereichs und der Routine liegen. Hier ist man nervös und unsicher, lernt aber dazu. Darüber hinaus kommt die Angst- bzw. Panikzone, die einen überfordert und einfach zu viel ist. Daher sollte man sich maximal am äußeren Rand der Lernzone aufhalten.
Mit zahlreichen Aufgaben wurden wir in Kleingruppen auf den Weihnachtsmarkt geschickt, um Leute anzusprechen. Das hat mir selbst viel abverlangt, da ich normalerweise nicht gerne fremde Menschen anspreche, schon gar nicht mit persönlichen Fragen wie „Schätzen Sie sich selbst als reich ein?“. Doch nach der ersten Unsicherheit legte sich die Nervosität, als wir bemerkten, dass es gar nicht schlimm ist, Leute anzusprechen. Die meisten von ihnen waren sehr freundlich. Doch nicht nur Ansprech-Aufgaben galt es zu lösen. Unter anderem machten wir ein zweiminütiges Standbild-Selfie, auf dem wir uns nicht bewegen durften. Die Passanten guckten verständlicherweise komisch. Auch ein Zeitlupen-Video drehten wir. Neben den vorgegebenen Aufgaben durften wir uns noch etwas aussuchen, was wir schon immer einmal unbedingt machen wollten … Hm, was wollte ich schon immer einmal machen? Scherzhaft sagte ich, dass ich mich hinter einen Stand stellen wolle. Wer hätte es gedacht: Keine zehn Minuten später stand ich tatsächlich hinter einem. Es war sehr aufregend. So entstand auch dieses Blog-Bild. Meine Seminarleiterin gab uns diesen wertvollen Tipp mit auf den Weg: „Die Grenzen der Frage sind die Grenzen des Erreichbaren.“ Und sie hatte recht! Allein durch höfliches Fragen erreichten wir so viel und wurden mit freundlichen Antworten belohnt. Für meine Zukunft hat es mir ebenfalls viel gebracht, denn es gibt viele Situationen, in denen man Leute ansprechen muss. Jetzt weiß ich, dass ich keine Angst davor haben muss. Wieso auch? Diese Challenge hat mir gezeigt, dass es gar nicht schlimm ist und mehr als ein „Nein“ nicht passieren kann. Ich würde euch so gerne noch viel mehr darüber erzählen, doch sonst wird dieser Blog viel zu lang.
Auch dieses Seminar ist so schnell vorübergegangen. Doch es ist auch schön, denn bekanntlich sind die tollsten Dinge gefühlt am schnellsten vorbei. Diese Woche war gefüllt von tollen Eindrücken und Spaß, von der ich noch lange etwas zu erzählen habe. Beendet haben wir unser Seminar mit einem Liebe-Worte-Spiel, bei dem jeder von uns ein Blatt auf dem Rücken hatte, auf das die anderen etwas Nettes schreiben konnte. Es machte mich sehr glücklich und dankbar, als ich es gelesen habe: Liebe Worte und Lobe, da ich Gruppensprecher bin und wohl meine Aufgabe gut gemeistert hatte. Das macht mich sehr stolz und ich freue mich schon auf das nächste Seminar.
Weihnachtliche Grüße von eurem FSJler Niklas
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