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Meetles shopping

Kim Posse

Deine jüngste Figur soll für das Essen einer Familienfeier einkaufen. Alles ist extrem teuer geworden. Wie geht sie dabei vor?

Wieso musste ein Familienfest immer so in Stress ausarten, dass am Ende das totale Chaos herrschte?

„Kim, kannst du bitte noch schnell die Einkäufe erledigen? Ich habe es in all der Hektik völlig vergessen und jetzt haben wir nichts zu essen im Kühlschrank.“ Flehend drückte mir Mum einen ewig langen Einkaufszettel in die Hand. „Danke.“

„Ich habe nicht einmal gesagt, dass ich es mache“, murrte ich, doch ich wusste, dass ich in dieser Situation kein Gehör mehr fand. Also machte ich mich auf den Weg. Da ich nicht so oft einkaufte, kannte ich die Orte der Lebensmittel nicht allzu gut. Daher hieß es für mich: suchen! Darauf freute ich mich am allermeisten – nicht!

Mum hatte mir hundert Euro in die Hand gedrückt, das locker reichen solle. Sie schien wohl das gesamte Sortiment im Kopf zu haben. Wie sonst konnte sie mir sagen, wie viel es ungefähr kosten musste?

Zuerst stand ich vor dem Regal für frisches Gemüse. Salat, stand auf dem Zettel. Bloß welcher? Eisberg-, Kopfsalat oder doch eher Lollo Rosso?

Eeny, meeny, miny, moe,

catch a tiger by his toe,

if he hollers let him go,

eeny, meeny, miny, moe.

my mother told me to

catch the very best one – and you are not it“, zählte ich die Salate mit einem alten Auszählspruch ab, den ich in der Grundschule gelernt hatte, ab. Obwohl ich inzwischen auch die deutsche Variante „Ene mene, mise“ kannte, war mir die englische Version vertrauter.

Mein Finger blieb über dem Eisbergsalat stehen. Na super! Ich hasste Eisbergsalat! Da entdeckte ich noch Ackersalat, meinen Lieblingssalat. Erfreut griff ich danach und legte ihn in den Einkaufswagen. Auf den Preis achtete ich nicht.

Weiter ging es mit den Eiern. Natürlich Bio-Eier. Ich achtete schließlich auf Qualität. Mir war es egal, ob sie am teuersten waren. Mums Freundin war das egal. Sie kaufte Eier aus Käfighaltung, da diese oft am günstigsten waren. Dass darunter sowohl die Hühner als auch die Qualität der Eier litt, war ihr völlig egal. Das hatte ich leider in einem Gespräch mitbekommen, das ich zufällig gehört hatte. Würde sie zumindest Eier aus Freilandhaltung kaufen – oder im schlimmsten Fall sogar aus Bodenhaltung – könnte ich mich gerade noch damit abfinden, aber Käfigeier waren ein absolutes No-Go!

An der Milch kam ich als Nächstes vorbei. Dort holte ich Frischmilch, da sie ohnehin am selben Tag verbraucht werden auch besser war. Ich bevorzugte alles, das nicht haltbar gemacht wurde. Am liebsten mochte ich die Frischprodukte.

Weiter ging mein Einkauf. Erst, als ich die komplette Liste abgearbeitet hatte, zählte ich nach und bemerkte, dass mir die hundert Euro nicht ausreichten. Was sollte ich tun? Doch wie mein Blick über den Einkauf wanderte, blieb ich am Fleisch hängen. Als Vegetarierin war es für mich selbstverständlich, zuerst dieses Produkt zurück ins Regal zu räumen. Schließlich gab es ausgezeichnete Alternativen wie Sellerie- oder Kohlrabi-Schnitzel. Außerdem hätte meine Mum damit rechnen müssen, wenn sie mich einkaufen schickte, dass ich gesund und bedacht einkaufe.

Gute zwei Stunden später stand ich an der Kasse und lud den Einkauf aufs Band. Nur wenige Cent bekam ich als Rückgeld zurück. Es hatte gerade so geraucht. Ich verlud meine Einkäufe in Stoff-Tragtaschen und schleppte sie nach Hause.

„Kim, da bist du ja endlich“, empfing mich Mum nervös. „Hat das Geld gereicht?“, wollte sie direkt wissen.

„Gerade so. Ich musste eine Kleinigkeit zurücklegen, aber das war nicht weiter tragisch“, klärte ich sie auf.

„Nun gut, das ist nicht weiter schlimm. Dann haben wir halt ein bisschen weniger“, fand sie und begann, die Liebesmittel zu verräumen.

„Seid ihr schon fertig mit den Vorbereitungen?“, interessierte ich mich und begutachtete die Wohnung. Alles war geschmückt und sah sehr feierlich aus.

„Wir sind gerade erst fertig geworden. Vielen Dank, dass du das Einkaufen übernommen hast. Das hätte ich nicht auch noch geschafft.“

„Kein Problem. Das habe ich doch gerne gemacht.“ Ich griff in meine Hosentasche und legte die letzten Münzen auf den Tisch. „Hier ist noch das Rückgeld.“

„Das darfst du behalten“, meinte Mum und lächelte mich an.

„Danke“, meinte ich und steckte die zwei roten Centmünzen wieder in meine Hosentasche.

„Kim?“ Mum wandte sich um. Der Kühlschrank war inzwischen wieder gut gefüllt und stand offen. „Wo ist denn das Fleisch?“

„Ich sagte doch, dass ich eine Kleinigkeit zurücklegen musste“, wiederholte ich mich.

„Eine Kleinigkeit?“ Geschockt blickte sie mich an. „Aber doch nicht das Fleisch! Du hättest Salat oder irgendetwas von diesem dappigen Gemüse zurücklegen können, aber doch nicht da Fleisch!“ Erbost schaute sie mich an. „Das war das Hauptgericht!“

„Ich habe extra noch Sellerie mitgebracht. Damit können wir Sellerie-Schnitzel machen. Die schmecken auch wunderbar und sind sogar vegetarisch. Da kann ich dann mitessen und muss mir nicht ständig blöde Sprüche von euch gefallen lassen, wieso ich nur Gemüse esse, von dem ich ja angeblich nicht satt werde.“

„Bist du des Wahnsinns? Sellerie-Schnitzel!“ Mum raufte sich die Haare. „Wie kommst du darauf, dass das jemand von uns essen sollte?“

„Wieso nicht?“ Ich war ehrlich verwundert. „Ich esse es doch auch.“

„Aber du bist Vegetarierin.“ Sie sprach es aus, als sei es eine Krankheit.

„Und weiter?“

„Nichts weiter! Es soll Fleisch geben, nicht so ein komisches Gemüse-Schnitzel! Das ist nicht einmal mehr ein Schnitzel. Einfach nur paniertes Gemüse!“, schalt sie.

„Du kannst auch Sellerie-Taler dazu sagen. Das Schnitzel ist nur für die Fleischfresser, dass sie glücklich sind, wenn wir Vegetarier etwas essen, das ihrem Essen ähnlich aussieht.“ Das nervte mich nämlich gewaltig. Immer hieß es, wie schön es sei, dass diese Fleischersatzprodukte wie echte Steaks aussahen. Na schön, dass sie so aussehen und die Fleischfresser nicht mit ihrem Aussehen beleidigt. Dass diese Dinger allerdings überwiegend furchtbar schmecken, wollen sie nicht wissen.

„Ich will Fleisch!“, keifte Mum aufgebracht.

„Versuche es doch zumindest. Bitte! Zeit zum Einkaufen haben wir ohnehin nicht mehr. Du hast keine andere Wahl“, überredete ich sie. Zu meiner Verwunderung ließ sie sich tatsächlich darauf ein.

„Na gut, aber wehe, sie schmecken nicht, dann esse ich dich, das sei dir gesagt! Das kannst du mir glauben.“

„Ich glaube dir gerade alles“, meinte ich geschockt, da ich meine Mum zu gut kannte.

„Sehr gut. Und nun hilf mir gefälligst!“ Sie knallte die Kühlschranktür schwungvoll zu, um ihren Frust zu unterstreichen und schaltete den Herd ein. „Was muss ich machen?“

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