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Selbstverschuldet

Vera Sturm

Strafdelikt! – Deinen Ermittlern geht die langweilige Spurensuche auf den Keks und sie weigern sich, weiter zu ermitteln. Wie versüßt du ihnen die Arbeit?

„Es war eine doofe Idee, dich zu begleiten!“, maulte Kim. Dabei hatte sie vehement darauf bestanden, obwohl ich sie gewarnt hatte.

„Habe ich dir nicht gesagt, Ermittlungen sind langweilig?“, erinnerte ich sie. „Du wolltest unbedingt dabei sein.“

„Doch, aber doch nicht so!“ Verächtlich ahmte sie die Spurensicherung der Polizei, die mit Pinselchen und Pulver die wenigen Fingerabdrücke sicherten. „Denen ist eindeutig auch langweilig“, schien Kim zu wissen. „Schau, wie langsam und lustlos die arbeiten!“

„Die arbeiten eben sehr genau“, wusste ich. Normalerweise stand es mir als Reporterin nicht zu, bei Ermittlungsarbeiten dabei zu sein, doch heute war das Personal knapp und so hatte der leitende Polizeichef persönlich mich – eine Reporterin! – gebeten, die Protokollantin zu sein. Das tat ich natürlich gerne. Ganz meiner Natur war ich neugierig und konnte mir solch eine Gelegenheit nicht entgehen lassen. Mit dem Polizeichef hatte ich ausgehandelt, im Gegenzug im Anschluss einen Artikel darüber schreiben zu dürfen. Das motivierte mich natürlich zusätzlich, jedes Detail zu erfassen und niederzuschreiben.

„Nicht einmal die interessierten Praktikanten waren je so fleißig wie du“, staunte der Polizist. „Womöglich muss ich öfters Leute von der Presse in die Ermittlungsarbeiten involvieren. So gibt es weniger Falschinformationen in der Zeitung und wir haben tüchtige Mitarbeiter.“

„Mir ist langweilig!“, maulte Kim wie ein kleines Kind, das mit seiner Mutter am Eltern-Kind-Tag mit bei der Arbeit war. „Uh, ich habe eine Idee. Das wird auch die Ermittler freuen.“

Ja, nämlich endlich gehen, hätte ich am liebsten gesagt. Es war unüberlegt gewesen, mich darauf einzulassen, ausgerechnet Kim mitzunehmen. Da war das Chaos doch schon vorprogrammiert.

Kim verzog sich und ich war erst einmal froh, ihr Genörgel nicht länger ertragen zu müssen. Eifrig schrieb ich jeden Schritt der Ermittlung mit, notierte jedes Ergebnis und skizzierte die Orte des Tatorts. Ich war mir sicher, dass die Polizei noch nie so eine tüchtige Protokollantin gehabt hatte.

Als ich aufblickte, erkannte ich Kim, die mir freudig zuzwinkerte. Da fielen mir ihre Worte wieder ein. Sie hatte von einer Idee gesprochen. Oje, Kim, mach bloß keinen Unfug!

„Ich habe eine Spur!“, rief sie unerwartet und zog die Aufmerksamkeit aller auf sich. „Hier sind Fingerabdrücke.“

Eilig machte sich die Spurensicherung an die Arbeit. Grinsend schaute Kim ihnen dabei zu.

„Wieso gefällt mir das nicht?“, fragte ich Kim. „Wieso habe ich ein so komisches Gefühl? Kim, was hast du angestellt.“

„Weißt du, Menschen sind wie Hunde. Sie wollen beschäftigt werden und wären sicher enttäuscht, wenn sie nichts gefunden hätten.“

„Kim, was hast du gemacht?“

„Ich habe ein paar meiner Fingerabdrücke verteilt“, weihte sie mich glucksend ein. „So sind die beschäftigt, freuen sich und ich habe meinen Spaß.“

„Kim, wir sind hier nicht zum Spaß! Es gab einen Einbruch! Anhand der Fingerabdrücke wird der Täter identifiziert.“

„Was? Oh nein! D-das wusste ich nicht.“ Sie riss panisch ihre Augen auf und eilte auf den Polizisten zu, der die Ermittlung leitete. „Ich gestehe alles!“, kreischte sie.

„Was gestehen Sie?“ Verdattert stellte er seinen inzwischen kalt gewordenen Kaffee beiseite.

„Den Einbruch. Die Fingerabdrücke gehören mir, aber es ist nicht so, wie es aussieht“, plapperte sie drauflos.

„Kim, sei lieber leise!“, warnte ich sie, konnte meine übereifrige Freundin jedoch nicht mehr einbremsen.

„Wusste ich‘s doch. Der Täter kommt in den meisten Fällen von selbst zum Tatort zurück, um sich erneut an seinem Delikt zu berauschen!“ Der Polizist zückte sein Funkgerät und informierte seine Kollegen, eine Verdächtige gefasst zu haben.

Kurz darauf raste ein Auto mit Blaulicht und Sirene herbei. Eine junge Polizistin stieg aus, legte Kim Handschellen an und führte sie ab.

„W-was warte, ich bin nicht die Einbrecherin!“, stotterte sie. „Auch wenn ich gerne in dem Auto mit leuchtender Christbaumkugel mitfahren würde, ich bin unschuldig!“ Augenblicklich stieg Panik in ihr auf. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet.

„Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet“, sagte die Polizistin artig ihr Sprüchlein, mit dem sie Kim über ihre nicht mehr ganz so vielen Rechte aufklärte.

„Vera, hilf mir!“ Panisch schaute sie mich an.

„Das hast du dir selbst zuzuschreiben“, meinte ich.

„Aber ich bin unschuldig!“, zeterte Kim. „Lassen Sie mich frei … oder ich beiße Sie!“

„Das klären wir im Polizeipräsidium. Wir vergleichen die Fingerabdrücke mit denen vom Tatort, dann sehen wir weiter. Wenn Sie die Wahrheit sagen, sind Sie nicht lange in Gewahrsam.“

„Die Fingerabdrücke sind von mir! Aber ich bin nicht die Einbrecherin“, versuchte Kim vergeblich, ihre missliche Lage zu erklären. „Ich bin unschuldig, das ist ein Irrtum!“

„Sehr sonderbar, wie kommen ihre Abdrücke dann an den Tatort?“

Darauf wusste Kim keine Antwort. Dass sie ihre Fingerabdrücke nur verteilt hatte, um sie zu beschäftigen, würden sie ihr wohl nicht glauben. Außerdem war es strafbar, die polizeilichen Ermittlungen dermaßen zu stören.

Tja, Kim, nun wirst du beschäftigt. Viel Spaß, das zu erklären. Ihr Vorhaben, die Polizei zu beschäftigen, war aufgegangen. Nur ganz anders, als sie gedacht hatte.

Protestierend ließ sich Kim abführen. Bedröppelt blickte sie mich an, als sie ins Polizeiauto gesetzt wurde und es mit ihr davonfuhr.

Ich war gespannt, wie sie sich aus dieser Misere befreien wollte. Belustigt zückte ich mein Handy und schrieb Dina eine Nachricht: Komm bitte zum Polizeipräsidium. Kim sitzt in U-Haft. Ich versuche erst gar nicht, es dir zu erklären, du würdest es mir ja doch nicht glauben. Dann widmete ich mich wieder den Ermittlungen und notierte die Befunde der Spurensuche, die die tatverdächtige Person basierend auf ihren Ergebnissen detailliert beschrieben. Die Angaben stimmten alle ziemlich genau mit Kim überein.

Herrje, wie Würde sie aus diesem Fall wieder herauskommen? Ich hoffte nur für sie, dass der Einbruch nicht allzu viel Schaden genommen hatte – nur für den Fall der Fälle.

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