Lovestoryzeit
- Niklas Böhringer

- 14. März 2023
- 39 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Feb.
Romantisch geht es in der #lovestoryzeit von @lektorat.fernweh zu.

Jede Woche gibt es ein Wort, zu dem ich einen kleinen Text schreibe. Maximal 250 lang darf er sein. Jede Woche gibt es einen neuen Text mit dem Pärchen Dina und Tiago.
Wellnesshotel
„Ein Wellnesshotel?“ Ich konnte es vor Glück kaum fassen. Da schenkte mir Tiago doch tatsächlich ein Wochenende für zwei Personen in einem der nobelsten Wellnesshotels des Landes. Es sollte nach Spanien gehen, unsere Heimat. „Du bist ein wahrer Engel“, schaffte ich es, meine Gefühle in Worte zu fassen. Überglücklich warf ich mich ihm in die Arme und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „¡Te quiero, mi amor!“
„Ein Wochenende nur für uns beide. In unserem Heimatland. Ist das nicht großartig?“ Er küsste mich zurück. „Ich liebe dich so sehr. Das wird unser Wochenende.“
„Ich bin so glücklich mit dir, Tiago“, gluckste ich überwältigt.
Wir waren nun auf den Tag ein Jahr zusammen und es hatte nicht einmal nur den kleinsten Streit gegeben.
„Wann geht es los?“, wollte ich wissen. Ich konnte es kaum abwarten.
„Der Flug ist schon gebucht. Dieses Wochenende fliegen wir. Wir müssen nur noch Koffer packen.“
„Oh, da muss ich noch bei meinem Chef …“, setzte ich an.
„Schon erledigt. Er wünscht dir einen schönen Kurzurlaub. Du sollst dich von mir so richtig verwöhnen lassen, soll ich dir von ihm ausrichten.“ Tiago lächelte mich an.
„Du bist unglaublich. Danke. Du bist das Beste, was mir in meinem Leben hätte passieren können.“ In diesem Moment fragte ich mich einmal mehr, wie ich es geschafft hatte, ohne ihn zu leben, bevor wir uns kennengelernt hatten. Ein Leben ohne Tiago konnte ich mir nicht mehr vorstellen.
Kirschblüten
Ich atmete tief ein. Es war ein herrlicher Tag. Hand in Hand lief ich mit Tiago über eine Wiese. Weißblühende Kirschbäume umgaben uns. Sonnenstrahlen durchfluteten die Blätter und wärmten mich. Glücklich beobachtete ich die Bienen, die schon in dieser frühen Jahreszeit unterwegs waren und fleißig Nektar sammelten.
„Was für ein toller Anblick“, schwärmte ich.
„Nicht wahr?“ Tiago strahlte mich überglücklich an. Seine warme Hand hielt die meine ununterbrochen.
„Schau mal.“ Ich deutete auf einen Ast, der besonders tief hing. „Dort können wir die Bienen bestimmt toll beobachten.“
Langsam, um die fleißigen Insekten nicht bei ihrer Arbeit zu stören, liefen wir hinüber. Ich roch an der Blüte. Ihr herrlich süßlich-erfrischender Geruch roch nach Sommer, Liebe und Freiheit. Andächtig strich ich über die Blüte, während ich die Augen schloss und Tiago einen Kuss auf die weichen Lippen hauchte.
In diesem Moment durchzuckte mich ein stechender Schmerz und ich taumelte zurück. Tiago konnte mich gerade noch auffangen. Geschockt hielt ich meinen Finger, der fürchterlich brannte. Während ich die Schönheit der Natur bewundert hatte, hatte mich eine Biene gestochen.
„Zeig mal her.“ Fürsorglich nahm er meine verwundete Hand und pustete sanft darüber. „Der Stachel steckt noch“, erkannte er, „ich muss ihn dir herausziehen.“ Behutsam entfernte er den Stachel und strich mir über die Hand. „Du bist so tapfer, mi amor.“
„Und du bist mein Held! Danke!“
ungezähmt
„Nachts“, setzte ich langsam an, „plagen mich schreckliche Träume. Sie verfolgen mich bis in den Tag.“
Besorgt griff er nach meiner Hand. „Wovon genau träumst du?“
„Es ist schwer zu beschreiben“, gestand ich. Meine Träume fühlten sich so an, als verschlänge mich ein Schatten – ein unzähmbarer Schatten. Dieser griff mit kalten Fingern nach mir. Jede Nacht. Wie ein Dämon sah er aus. Zu meinem Entsetzen schien er ein Spiegelbild meiner Selbst zu sein. Blickte ich zu meinen Füßen, schloss er an ihnen an und war ein Teil von mir. Erst harmlos vor mir liegend, ahmte der dämonische Schatten meine Bewegungen nach. Lange hatte ich mir nichts dabei gedacht, bis sich eines Tages der Schatten selbstständig gemacht hatte und nach mir griff. Zuerst nur im Traum … dann in der Realität.
Entsetzt blickte mich Tiago an. „Wirklich gut, dass du mir davon erzählt hat. Damit ist nicht zu spaßen. Wie kann ich dir helfen?“
„Das tust du schon. Immer wenn du auftauchst, verschwindet der Dämon und zieht sich zurück. Du bist mein Retter, der mir den Schatten vom Leib hält.“
„Das will ich auch sein. Gib mir Bescheid, wenn ich etwas für dich tun kann.“
„Ich weiß es selbst nicht“, klagte ich.
Er gab mir einen Kuss. Wärme durchströmte mich. Plötzlich erfüllte mich eisige Kälte, die aus dem Nichts zu kommen schien. Mein Schatten tauchte vor uns auf. Zu unserem Entsetzen kam ein zweiter hinzu. Er gehörte Tiago. Drohend beugten sie sich über uns.
„Liebe besiegt das Böse“, rief ich in letzter Hoffnung und klammerte mich mit geschlossenen Augen an Tiago. Als ich sie wieder öffnete, waren sie verblasst.
Bücherei
„Schau nur, all diese herrlichen Bücher.“ Verträumt drehte ich mich in der Bücherei im Kreis. Neben Tiago an meiner Seite war eine Bücherei der zweitschönste Ort auf der Welt.
„Ich finde Bücher auch toll, aber noch schöner als eine erfundene Geschichte ist es, dass du bei mir bist“, meinte er lächelnd.
„Och, das hast du wirklich süß gesagt, Tiago.“ Ich warf mich ihm in die Arme und blinzelte verzückt. Da fiel mein Blick auf ein ganz besonderes Regal: das Regal mit den Liebesromanen. Herzliche und romantische Geschichten voller Kitsch und Poesie.
„Wir müssten ein Buch über uns schreiben – über unsere wunderschöne Liebesgeschichte. Das soll neben all diesen Liebes-Romanen stehen.“ Er hielt mich auf seinen starken Armen und ich richtete mich wieder auf.
„Meinst du das wirklich?“
„Natürlich! Wieso nicht?“ Er gab mir einen sanften Kuss und tat, als ob er in ein imaginäres Buch schrieb.
Eine Liebe, die mehr ist als nur ein Gefühl
Dina N. P. und Tiago C.
„Das klingt bezaubernd. Du weißt gar nicht, wie glücklich du mich damit machst. Selbst wenn du es nur erfunden hast, mi amor.“
„Dann los, wir setzen uns zuhause gleich hin und beginnen mit dem ersten Kapitel: „Wie haben wir uns kennengelernt?‘“
„Das ist“, ich schlug die Hände über dem Kopf zusammen, „eine wirklich peinliche Geschichte.“
„Ich finde sie einfach nur süß“, kicherte Tiago, der sich gerne daran zurückerinnerte. „Die müssen wir unbedingt aufschreiben!“
„Na gut“, gab ich verliebt nach. Die späteren Kapitel würden schließlich besser.
Eiersuche
„Ich habe noch eines gefunden“, rief Tiago erfreut und hielt ein grünes Ei in die Höhe.
„Sehr schön“, freute ich mich für ihn, war allerdings im selben Moment enttäuscht, da er bereits das fünfte Ei gefunden hatte und ich noch kein einziges.
Tiago kroch hinter einem Busch hervor und blickte in meinen leeren Korb. „Hast du keine gefunden?“
„Sonst wäre mein Korb dich nicht leer“, klagte ich.
„Du kannst gerne von mir welche abhaben. Ich schenke dir die Hälfte. Was sagst du dazu?“, bot er an.
„Das ist wirklich lieb von dir, aber ich bin kein Kleinkind mehr! Du musst mir nichts abgeben, nur dass ich etwas habe“, erklärte ich ihm. „Bei Kindern funktioniert das vielleicht, aber ich weiß, dass ich keines gefunden habe und bin auch mit deinen Eiern enttäuscht von mir.“
Da nahm Tiago ein Ei aus seinem Korb und legte es mir direkt vor die Füße.
„Was wird das?“, wunderte ich mich.
„Was?“ Unschuldig richtete er sich wieder auf.
„Na, das Ei.“ Anklagend deutete ich darauf.
Sofort breitete sich ein Lächeln in seinem hübschen Gesicht aus. „Glückwunsch, du hast eines gefunden!“, jubelte er.
„Tiago! Ich bin kein Kleinkind!“, wiederholte ich, doch seine Geste war einfach zu süß. So hob ich meinen „Fund“ auf und legte ihn in meinen Korb. „Das war wirklich lieb von dir“, meinte ich.
„Für dich mache ich einfach alles, mi amor!“
Bahnhofsdurchsage
„Achtung an Gleis 2. Die Bahn S7 nach Ettligen fährt in Kürze ein“, dröhnte scheppernd eine Aussage aus einem der Lautsprecher.
Tiago zog mich behutsam beiseite, da er sich wieder einmal Sorgen um mich machte. Das fand ich jedoch ziemlich süß.
„Tiago, ich passe doch auf“, lachte ich.
„Ich will nur sichergehen, dass ich meine große Liebe nicht verliere“, meinte Tiago und drückte mir einen Kuss auf die Lippen, was mich zum Schweigen brachte.
Ich ließ es geschehen und genoss den Moment. Einige Passanten drängten uns beiseite, als auch sie einige Schritte zurücktraten.
Einige Augenblicke später rollte die Bahn bereits in den Bahnhof. Wir lösten uns aus der Umarmung und stiegen ein.
„Hier, ich habe dir einen Fensterplatz reserviert“, zeigte mir Tiago, der quer über die Sitzbank lag, bis ich ihn erreicht hatte.
„Das ist wirklich süß von dir“, kicherte ich und nahm den Platz am Fenster ein. „Danke.“
„Für dich tu ich alles, mi amor!“, flüsterte er mir zu.
„Liebe Fahrgäste, unsere Weiterfahrt verzögert sich um unbestimmte Zeit“, ertönte unerwartet die Bandansage.
„Na super“, stöhnte ich auf und ließ meinen Kopf an die Scheibe bumsen.
„Leg deinen Kopf doch an meine Schulter, dann kannst du deine Äuglein zumachen, bis es weitergeht“, meinte Tiago grinsend.
Grinsend machte ich es mir an seiner Schulter bequem und ließ mir den Kopf von ihm kraulen. Wie ein Hündchen fühlte ich mich. Herrlich!
Buchmesse
„Und nun bitte ich Dina zu mir auf die Bühne.“
„Mich?“ Ich war geschockt. Wieso ausgerechnet ich? „Hast du etwas damit zu tun?“, wandte ich mich an Tiago. Noch ehe ich meine Frage fertig ausgesprochen hatte, wusste ich die Antwort schon. Ja! Sein Grinsen verriet alles. Manchmal war er schwer zu lesen, doch nun konnte ich erkennen wie in einem offenen Buch.
„Freust du dich nicht?“, wollte er wissen.
„Ich kann meine Freude gar nicht in Worte fassen, aber wieso muss ich ausgerechnet auf die Bühne?“ Das machte mich nervöser als ich bisher in meinem gesamten Leben gewesen war.
Doch es half alles nichts. Ich nahm all meinen Mut zusammen, rieb meine verschwitzten Hände und betrat die Bühne.
Ich war noch nie auf einer Buchmesse gewesen und war schon überwältigt genug, all die Autorinnen und Autoren lebendig vor mir zu sehen.
Ich betrat die Bühne. Ich war persönlich von ihr aufgerufen worden, um sie das erste Mal in meinem Leben live zu sehen. Meine absolute Lieblingsautorin, die mein größtes Vorbild war: Cornelia Funke.
„Hallo, es freut mich, dich kennenzulernen. Dein Freund hat mich so süß gefragt und mir erzählt, wie sehr du meine Bücher liebst. Das ist ein unglaublich tolles Kompliment für mich. Da konnte ich ihm diese kleine Bitte nicht abschlagen.“
„Hallo“, druckste ich. Mehr bekam ich nicht heraus. Geschah das gerade wirklich? Cornelia Funke, die ich verehrte und liebte stand direkt vor mir und lächelte mich herzlich an.
Internetdating
Die warme Brise strich sanft über meine Haut, während ich neben Tiago händchenhaltend auf der Parkbank saß.
„Erinnerst du dich noch an unseren ersten Chat?“, fragte ich Tiago. „Ich hätte nie zu träumen gewagt, dass wir hier sitzen würden, als ich dir diese erste Nachricht geschickt habe.“
Lächelnd strich er mir sanft über meine Wange. „Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen. Jeder Buchstabe, den wir geteilt haben, hat mich näher zu dir gebracht. Ich wusste von Anfang an, dass du etwas Besonderes bist.“
Wir schwiegen eine Weile und genossen Moment. Es war erstaunlich, wie zwei Menschen, die sich durch das Internet gefunden hatten, eine solch tiefe Verbindung aufbauen konnten.
„Dina“, Tiago nahm meine Hände fester in seine, „du bist das Beste, was mir je passiert ist. Ich bin so dankbar, dass wir uns online kennengelernt haben. Du hast so viel Freude und Liebe in mein Leben gebracht.“
Die Worte wärmten mir das Herz und ließen mich vor Glück dahinschmelzen. Ich konnte nicht anders, als ihm zuzustimmen. „Tiago, du warst meine größte Überraschung und meine größte Liebe. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemanden wie dich finden würde. Ich bin so froh, dass ich es getan habe, ¡mi amor!“
Unsere Liebe hatte die virtuelle Welt verlassen und war zu einer wundervollen Realität geworden. Das Internetdating hatte uns zusammengebracht, aber unsere Verbindung ging weit darüber hinaus. Es war eine tiefe, bedingungslose Liebe, die uns verband. Wir hatten unser Glück gefunden – in den Tiefen des Internets und unserer Herzen.
ausweglos
„Auch wenn du alles für mich bedeutest, brauche ich eine kleine Auszeit“, versuchte ich, Tiago meine Gefühle zu offenbaren. Es fiel mir alles andere als leicht. Ich liebte ihn, doch ich wollte für eine Woche vollkommen allein in die Welt hinausziehen und neue Eindrücke sammeln, mich einfach treiben lassen.
„Eine Auszeit?“ Geschockt blickte mich Tiago an. „Was … was meinst du damit? Willst du nicht mehr mit mir zusammen sein?“
„Doch, natürlich will ich mit dir zusammen sein!“, versicherte ich ihm. „Ich brauche nur einen klitzekleinen Urlaub.“
„Wieso das?“, wollte er wissen. Ich konnte ihn nur zu gut verstehen. Das musste sehr plötzlich und unerwartet für ihn kommen.
„Dina, bitte, lass mich dich begleiten!“, bettelte er.
„Nein, Tiago. Ich brauche Zeit für mich.“
„Hat das irgendeinen Grund? Habe ich etwas falsch gemacht?“ Auf seinem Gesicht lag die pure Enttäuschung.
Es zerriss mir fast das Herz, doch ich blieb dabei. Eine Woche sollte er ohne mich auskommen können.
„Dina“, wagte er einen neuen Versuch.“
„Tiago“, flüsterte ich und griff nach seiner Hand, „ich erwarte nicht, dass du es verstehst. Ich brauche einfach für kurze Zeit etwas Abstand. Bitte akzeptiere es einfach.“
„Ich sehe schon, es ist ausweglos mit dir. Ich komme nicht weiter. Dann nimm dir eben die Zeit, die du brauchst. Ich will dir nicht im Weg stehen. Ich wusste nicht, dass ich eine solche Last für dich bin.“ Enttäuschung lag in seiner Stimme.
„Tiago“, flehte ich, doch er schüttelte nur den Kopf und zog seine Hand zurück.
„Viel Spaß auf deinem Alleingang!“
Pub
Es war ein typischer Abend, als Tiago und ich beschlossen, das örtliche Pub zu besuchen. Inmitten lauter Musik und fröhlichem Gelächter fanden wir einen gemütlichen Platz an der Bar.
Während ich mein Getränk genoss, konnte ich nicht anders, als die skurrilen Gestalten um uns herum zu beobachten. Plötzlich fing ich an zu lachen. „Sieh mal, dieser Mann in der Ecke sieht aus wie ein schräger Mix aus Sherlock Holmes und Elvis!“
Tiago lachte ebenfalls. „Und dieser sieht aus, als ob er gleich auf einer Bühne abheben würde. Vielleicht ist er der heimliche Bruder von Elvis!“
Unsere Witze über die Pub-Gäste hielten uns den ganzen Abend bei guter Laune. Wir tanzten auf der improvisierten Tanzfläche und sangen schräge Karaoke-Lieder.
Ich griff nach Tiagos Hand. „Trotz all diesem Verrückten hier, bin ich so glücklich, dich zu haben, mi amor.“
Er drückte meine Hand fest. „Du machst mein Leben so viel bunter. Selbst im absurdesten Pub der Welt fühle ich mich wohl, solange du nur bei mir bist.“
Wir tanzten weiter, lachten und genossen die verrückte Atmosphäre. Mitten in diesem wilden Pub-Chaos spürten wir, dass unsere Liebe stark genug war, um die wildesten Abenteuer zu überstehen.
Wir prosteten uns zu, umarmten uns und versprachen, auch weiterhin das Leben mit Humor und Liebe zu meistern. Egal, wie verrückt die Welt um uns herum sein mochte, solange wir zusammen waren, konnten wir jede Herausforderung meistern.
Pfingstrose
Als ich den Blumenladen betrat, fiel mein Blick sofort auf eine wunderschöne Pfingstrose. Ihre zarten Blütenblätter strahlten in leuchtendem Rosarot. Ich konnte nicht anders, als sie zu kaufen – für Tiago zu kaufen.
Als ich zu Hause ankam, fand ich ihn in der Küche vor, wie er gerade unser Abendessen vorbereitete. Mit einem strahlenden Lächeln reichte ich ihm die Rose: „Für dich, mi amor.“
Seine Augen leuchteten vor Freude, als er die Blume entgegennahm. „Dina, du bist so wundervoll. Diese Blume ist genauso schön wie du.“ Er zog mich sanft in seine Arme.
Wir setzten uns an den gedeckten Tisch und genossen das köstliche Essen, während die Pfingstrose ihren süßen Duft im Raum verbreitete.
„Du bist wie eine Rose“, meinte Tiago.
„Rot und manchmal stachelig?“, fügte ich keck hinzu, was ihn zum Lachen brachte.
„Auch das“, gab er mir zwinkernd recht.
„Aber ich meinte so anmutig und lieblich duftend“, erklärte er mir.
Die Rose stand in der Mitte des Tisches und erinnerte uns daran, wie kostbar unsere Liebe war.
„Und du bist mein Vergissmeinnicht“, fügte ich leise hinzu. „Ich werde dich immer lieben, mi amor.“
„Und ich werde immer für dich da sein und mich um dich kümmern wie um diese Rose, die du mir geschenkt hast“, versicherte mir Tiago. „Du bist es, die mich erblühen lässt.“
Museum
Museen fand ich immer spannend, vor allem Naturkundemuseen. Darin konnte man so unglaublich vieles über die Natur und Tiere lernen.
„Ich finde es faszinierend, was hier alles ausgestellt wird“, staunte ich. Tiago und ich begutachteten einen ausgestopften Affen, der uns aus lebendigen Augen anstarrte – als würde er jeden Moment losspringen. Dieser war Anblick unheimlich und faszinierend zugleich.
„Findest du nicht, dass alles im Museum besonders ist?“, wollte ich wissen.
Tiago nickte. „Alles, was im Museum ist, ist besonders. Darum stehst auch du im Museum gerade neben mir.“
„Aber ich bin doch nicht ausgestopft!“, empörte ich mich und musste lachen. Dieses Kompliment war einfach nur schlecht.
„Nein, aber so wertvoll, dass du in einem Museum deinen Platz verdient hättest.“
„Du bist einfach süß. Wir hätten beide hier einen Platz verdient. Unsere Liebe ist einzigartig“, flüsterte ich ihm zu.
Tiago wurde tatsächlich rot. „Findest du?“, wollte er wissen.
„Auf jeden Fall! Du bist der wertvollste Schatz, den ich je hätte finden können. Keine Landkarte der Welt hat dich verzeichnet, kein Geld der Wellt könnte dich bezahlen. Du bist ein wahres Juwel!“
„Dina!“ Tiago wurde so rot, dass er einer Tomate hätte Konkurrenz machen können.
„Tiago!“, entgegnete ich grinsend.
Gerade wollte er ansetzen, um etwas zu sagen, da brachte ich ihn mit einem Kuss zum Schweigen, bevor er noch etwas Dummes sagen konnte und den schönen Moment zerstörte.
„¡Te quiero!“
Fahrradtour
„Was hältst du von einer Fahrradtour?“, fragte Tiago ohne Vorwarnung.
„Spinnst du?“, stieß ich erschrocken aus. „Bei diesem Wetter bekomme ich einen Hitzeschlag!“
„Wir müssen keine große Tour machen, nur ein bisschen zusammen fahren. Mit dir ist es am schönsten.“
„Na super, ich schwitze auch gerne mit dir!“
„Nun stell dich nicht so an. Wir fahren gemeinsam durch den Park, dort gibt es schattenspendende Bäume“, meinte er.
„Na gut, darauf kann ich mich einlassen.“
Wenig später radelten wir durch den Watthaldenpark. Warme, schwüle Luft wehte mir entgegen. Besser war das nicht, aber ihm zuliebe hatte ich mich darauf eingelassen. Das hatte ich nun davon …
„Wenn du willst, fahren wir an den See. Dort können wir uns abkühlen“, bot Tiago an.
„Eine tolle Idee“, fand ich. „Wie weit ist es bis zum See?“
„Ach, nur eine halbe Stunde.“
„Nur eine halbe Stunde⁈ Währenddessen sterbe ich! Weißt du, wie heiß es ist? Bis dahin schwitze ich so viel, dass ich einen See allein füllen könnte.“ Ich hatte absolut keine Lust, weiter in der Sonne zu fahren.
Tiago bremste abrupt ab und schaute mich flehend an.
„Auch dein treudoofer Hundeblick wird mich nicht umstimmen“, erklärte ich ihn.
„Und wenn ich noch ganz lieb biiiitte sage?“
„Mist!“, seufzte ich, „du weißt genau, dass ich dir dann nichts abschlagen kann.“
„Das mache ich ja auch nur im Notfall, meinte er lächelnd. „Dann los, auf zum See.“
Sommernacht
Eine Sommernacht mit dir. Ich brauche dich, um glücklich zu sein, sang Ramon Roselly im Radio, während ich in Tiagos Armen lag. Es war eine milde Sommernacht. Wir saßen auf seiner Terrasse und genossen die Nacht.
„Ich brauche dich, um glücklich zu sein“, wiederholte Tiago die Zeilen. „Alles, was er singt, will ich dir sagen“, flüsterte er.
Ja bitte, komm zurück und lass mich nie mehr los, sang Ramon weiter.
„Warte“, abrupt richtete ich mich auf, „ich hoffe, du meinst das nicht mehr so, wie er singt. Wir sind doch nicht getrennt. Ich kann nicht zurück zu dir kommen, ich bin schon bei dir!“
„Dann meine ich nur den Refrain“, wandte Tiago ein. Er schaltete das Radio aus, um die warme Nacht zu genießen. Der laue Wind trug das Zirpen der Grillen sanft zu uns. Glühwürmchen schwebten über der Wiese und vollführten einen magischen Tanz aus Licht.
„Wollen wir tanzen?“, schlug ich vor, während ich die leuchtenden Tierchen beobachtete. Ich wusste, dass Tiago wie ich selbst kein großer Tänzer war, aber mir war einfach danach. Alles war mit ihm toll, selbst das Tanzen, wenn wir es beide nicht konnten und uns nur gegenseitig auf den Füßen standen.
Zu meiner Überraschung stimmte er mir sofort zu. Wir liefen auf die Wiese und wiegten uns im Rhythmus, den uns die Natur vorgab.
Plötzlich fühlte ich mich selbst ganz klein und in Tiagos Armen begann ich selbst zu strahlen. Tausende Glühwürmchen schwebten um uns und wir waren ein Teil von ihnen, ein Teil dieser verzauberten Sommernacht.
Lachanfall
Manchmal war es ein Segen, manchmal ein Fluch, dass mich Tiago mit nur einem Satz zu einem regelrechten Lachanfall treiben konnte. So auch jetzt, als er mir überzeugend ernst sagen wollte, dass ihm der Film gefallen hatte. Allerdings konnte ich ihm genau ansehen, dass es dass das Gegenteil der Fall war.
„Nein, ich sagte dir doch, dass ich diesen Film liebe“, versicherte er mir. „Er war großartig.“
„Tiago, ich sehe es dir an der Nasenspitze an: du flunkerst. Als ob dir dieser Film gefallen hätte.“ Vor Lachen konnte ich mich kaum noch halten.
„Das ist nicht fair!“, beschwerte er sich. „Das ist mein voller Ernst und du lachst mich einfach aus.“
„Dein voller Ernst? Wenn das so ist, können wir gerne die anderen sieben Filme anschauen.“ Abermals schüttelte ich mich vor Lachen.
„Sieben?“ Sein Gesicht stürzte regelrecht ab. „Na gut, ich gebe es zu: Der Film war der absolute Mist und ich würde freiwillig keinen einzigen dieser Billigstreifen mehr anschauen. Ja, ich habe das bloß gesagt, um dich glücklich zu machen und ja, ich hätte auch die andern Filme angeguckt, mich innerlich übergeben und dennoch behauptet, wie toll sie sind. Ich hätte mich auch mit voller Begeisterung über diese bescheuerten Filme mit dir unterhalten!“
Sein Geständnis haute mich um. Das Lachen blieb mir augenblicklich im Halse stecken. „Das hättest du gemacht?“, stutzte ich. „Wieso?“
„Weil ich dich liebe, verdammt! Und jetzt hör mit dem dämlichen Gelache auf!“
heiß
Die Hitze des Sommers legte sich wie eine unsichtbare Decke über die Stadt. Der Schweiß rann unaufhaltsam über meine Stirn. Glücklicherweise war es im Schlossgarten schattig und nicht ganz so heiß. Tiago und ich hatten es uns auf einer Bank gemütlich gemacht.
„Gerade frage ich mich, ob das Wetter oder unsere Liebe heißer ist“, sagte er.
„Was?“ Ich lachte belustigt auf. „Unsere Liebe könnte es mit der Sonne aufnehmen“, meinte ich.
Tiago drückte mich fest an sich und flüsterte „Du bist meine Sonne“ ins Ohr.
Ich errötete und blickte in seine tiefen, braunen Augen. „Das ist wirklich süß von dir. Und du bist meine Sonne, um die sich meine Welt dreht“, erzählte ich ihm.
Ein sanfter Wind kühlte für einen kurzen Moment die Luft, bevor die Hitze mit voller Macht zurückkam.
„Wie kannst du bei dieser Hitze so atemberaubend aussehen?“, fragte Tiago mit einem charmanten Lächeln.
„Atemberaubend?“, wunderte ich mich. „Hat dir die Hitze schon die Sinne vernebelt? Ich schwitze wie ein Nilpferd und rieche bestimmt auch so.“
Tiago nahm meine verschwitzte Hand und drückte sie sanft. „Das stört mich nicht. Stinken wir zusammen“, meinte er kichernd.
Ich schloss meine Augen. „Wenn du das schön findest“, meinte ich. „Ich finde es einfach nur ekelhaft.“ Ich zog meine Hand aus seiner und trocknete sie an meinem Kleid.
Glücksgefühle
Die warmen Sonnenstrahlen, die durchs Fenster schienen, hatten mich sanft geweckt. Tiago lag noch schlafend neben mir, seine dunklen Haare leicht zerzaust. Ich konnte nicht anders, als ihn anzustarren und zu lächeln.
„Guten Morgen“, flüsterte ich ihm ins Ohr. „Die Sonne scheint, der Tag beginnt.“
Tiago öffnete langsam seine Augen und erwiderte mein Lächeln. „Morgen“, murmelte er verschlafen. „Was hat dich so fröhlich gemacht?“
Ich beugte mich vor und küsste ihn sanft auf die Wange. Mit meinen Fingern wanderte ich langsam über seine Brust. „Ich wurde von der Sonne geweckt und bin neben dir aufgewacht. Das ist mein größtes Glück. Wie soll ich da nicht fröhlich sein?“
Tiago grinste breit. Er zog mich näher an sich heran und streichelte sanft meine dunklen Haare. „Und du bist mein Sonnenschein, der mich jeden Morgen weckt.“
„Das hast du schön gesagt.“ Ich schmolz vor Liebe geradezu dahin.
„Wie kannst du nur so schön sein?“, murmelte Tiago, während er mir eine Strähne aus dem Gesicht strich.
„Schön? Ich bin komplett verstrubbelt und habe Mundgeruch. Du übrigens auch!“, rutschte es mir heraus.
„Du schaffst es auch wirklich, jeden romantischen Moment zu zerstören“, gluckste Tiago belustigt. „Ich wollte dir gerade ein Kompliment machen.“
„Oh nein, das tut mir wirklich leid.“ Ich schämte mich sehr dafür, nicht einfach den Mund gehalten zu haben. „Aber es stimmt leider. Wir sehen beide furchtbar aus!“
„Und genau so liebe ich dich, ganz egal, wie du gerade aussiehst“, fügte er lächelnd hinzu.
Diplomfeier
Die Diplomfeier stand bevor und ich konnte vor Aufregung kaum stillsitzen. Ich saß neben meinem Freund Tiago, der genauso nervös war wie ich.
„Wenn ich mir das richtig überlege, könnte ich meinen Abschluss auch einfach in Flamenco tanzen machen“, flüsterte ich Tiago ins Ohr.
„Na, dann bin ich mal gespannt, wie du in deinem flammenden Kleid den Hörsaal rockst“, erwiderte er amüsiert.
Ich stellte mir vor, wie ich wild durch den Raum wirbelte, die Diplomurkunde in der einen Hand und eine Rose in der anderen. Das wäre mal eine Show!
Die Zeremonie begann und die Redner füllten den Raum mit ihren feierlichen Worten. Mein Herz klopfte immer schneller, als mein Name aufgerufen wurde. Ich erhob mich und ging mit leicht wackligen Knien zum Podium. In Gedanken war ich noch immer die flammende Tänzerin.
Plötzlich hörte ich ein lautes Räuspern aus dem Publikum. Ich schaute mich um und entdeckte Tiago, der mit einem Mikrofon in der Hand stand.
„Liebe Leute, ich möchte euch gerne meine wundervolle Freundin Dina vorstellen, die nicht nur klug ist, sondern auch mein Herz im Sturm erobert hat“, rief er breit grinsend.
Ich konnte nicht glauben, was ich sah. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, dann auf mich. Ich spürte, wie ich knallrot anlief. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. Was tat er da? Wie erstarrt stand ich da und starrte ihn an.
Nachdem ich die Urkunde überreicht bekam, trat ich vor ans Rednerpult, atmete tief durch und krächzte: „Ich dich auch!“ Mehr bekam ich nicht heraus.
Palmen
Ich stand mit Tiago am Ufer der Alb und betrachte die wunderschönen Palmen, die entlang des Wasserwegs standen.
„Hättest du je gedacht, dass wir Palmen in Deutschland sehen würden?“, frage ich ihn.
Vor nicht allzu langer Zeit waren an einem Uferabschnitt plötzlich Palmen aufgetaucht. Niemand wusste, woher sie kamen.
„Nicht wirklich“, meinte Tiago. „Ich bin nur erschrocken darüber, wie dreist die Leute sind. Das wird immer schlimmer.“
„Wie meinst du das?“, hakte ich nach.
„Nicht genug, dass Hunde, Katzen und andere Haustiere ausgesetzt werden. Nein, diese Verbrecher gehen noch einen Schritt weiter. Sie pflanzen einfach ihre Palmen aus!“
„Aber das ist doch gut. Also das mit den Palmen!“, fügte ich schnell hinzu. Wie jemand sein Haustier aussetzen konnte, konnte ich nicht nachvollziehen.
„Nicht wirklich“, klärte er mich auf. „Was denkst du, wie es den Palmen im Winter geht? Wenn sie Pech haben, erfrieren sie.“
Erst da fiel mir auf, wie gefährlich es für diese südländischen Hitze liebenden Gewächse war. „Sollen wir sie aufnehmen?“, schlug ich vor. „Ein Palmenheim wird es sicher nicht geben“, vermutete ich. „Du verstehst schon: Tierheim – Palmenheim!“
„Ah, das meinst du.“ Tiago lachte. „Du kommst auf Ideen. Aber meinetwegen. Diese kleine dort können wir ausbuddeln, die anderen passen uns nicht in die Wohnung.“
Damit war ich schon zufrieden, wenn wir zumindest eine retten konnten. Voller Eifer begann ich mit meinen bloßen Händen zu graben. „Hilf mir!“, wies ich Tiago an.
„Was ich nicht alles aus Liebe zu dir mache!“, meinte er seufzend und half mir.
Festival
Tiago hatte mir nicht verraten, zu welchem Sänger er uns Karten besorgt hatte. „Vertrau mir, es wird gut“, hatte er gesagt. Mit diesen wenigen Informationen stand ich nun auf dem Mount Klotz auf dem Festival Das Fest.
„Und nun, meine Damen und Herren, begrüßen Sie Álvaro Soler“, rief die Moderatorin.
„Álvaro?“ Fast wäre ich in Ohnmacht gefallen. „Hat sie wirklich Álvaro gesagt?“
„Du hast dich nicht verhört.“ Tiago grinste breit. „Überraschung gelungen?“
„Aber sowas von! Es ist die beste Überraschung, die du mir hättest machen können!“ Da ich nicht wusste, wohin mit meiner ganzen Freude, drückte ich ihm einen dicken Kuss auf die Wange. „Du bist ein wahrer Schatz.“
Da brach ein Jubeln im Publikum aus und Álvaro Soler betrat die Bühne. Er war es wirklich! Der attraktive spanische Sänger, mein absoluter Lieblingssänger.
„Salgo, vente a tomar algo …“, stimmte er auch direkt mein Lieblingslied an. Begeistert sang ich mit. Ich kannte ausnahmslos alle Texte von ihm in und auswendig.
„Porque la magia de tus ojos me hace ver“, sang ich lauthals mit. Ich erkannte mich gar nicht wieder. Normalerweise war ich in der Öffentlichkeit nicht so aufgedreht. Das würde eher zu Kim passen. Allerdings hatte meine Kopfstimme andere Pläne als ich.
„Ich will ein Kind von dir!“, schrie es in meinem Kopf.
„Was?“ Verdattert guckte mich Tiago an. „Was hast du gerade gesagt?“
Mist, hatte ich es tatsächlich laut ausgesprochen? Augenblicklich wurde ich rot, wiederholte jedoch perplex noch einmal das, was ich gerade in voller Lautstärke geschrien hatte: „Ich will ein Kind von dir.“
Minirock
„Ist der nicht ein bisschen kurz?“ Anklagend deutete Tiago auf mein ziemlich knappes Kleidungsstück.
„Nein, das ist ein Minirock, kein Abendkleid.“ Belustigt wuschelte ich ihm durch seine schwarzen Haare. „Ist es dir zu kurz?“
„Nun ja“, druckste er, „nicht, dass etwas herausfällt.“
„Ich habe nichts, das herausfallen könnte“, entkräftete ich sogleich dieses Argument.
„Du weißt schon, dass nicht nur ich bedenklich viel sehen kann.“ Tiago schien davon nicht sonderlich begeistert zu sein.
„Das ist mir durchaus bewusst.“
„Und wenn du dich bückst …“ Er hielt sich die Hände vors Gesicht. „Nein, ich will es mir lieber nicht vorstellen!“
„Keine Sorge, ich habe natürlich eine Unterhose an!“ Ich musste lachen. „Was denkst du denn?“
„Ich meine ja nur. Schotten ziehen traditionell unter ihren Rücken auch nichts an“, glaubte er zu wissen.
„Ich bin Spanierin!“ Da fiel mir erst auf, was er gesagt hatte: Schotten, nicht Schottinnen. „Bei denen kann aber was unten rausfallen!“ Bei diesem Gedanken quiekte ich auf.
„Ich weiß ja nicht, wie sich eine Spanierin unter ihrem knappen Miniröckchen kleidet. Ich kann dort nicht aus Erfahrung sprechen.“ Tiago strich sich über seine kurze Jeanshose, die er meistens im Sommer trug.
„Das wäre sicherlich ein besonders schnuckeliger Anblick“, meinte ich und malte mir bereits aus, wie er wohl darin aussähe.
„Vergiss es! Nie im Leben würde ich einen Rock anziehen, schon gar keinen Minirock!“
Sommergewitter
Die drückende Sommerluft hing schwer über der Stadt, als ich mit Tiago die gepflasterten Straßen entlanglief. Ich konnte ihm ansehen, wie sehr er sich auf das sich nähernde Gewitter freute. Mir bereiteten sie weniger Freude – ganz zu schweigen meiner Hündin, die ich wohlweislich zu Hause gelassen hatte.
„Es wird bestimmt ein Spektakel“, gluckste Tiago. Er kam mir vor wie ein Kleinkind.
Wir fanden Schutz unter dem Vordach eines Cafés, als die ersten Regentropfen fielen. Das zunehmende Prasseln des Regens wurde von entferntem Donnergrollen begleitet.
„Bleiben wir hier, solange das Gewitter tobt? Ich will die Blitze sehen.“
„Solange uns keiner trifft.“ Mir wurde zunehmend unwohler. Bei jedem Donnerschlag zuckte ich zusammen.
„Der Blitz hat mich längst getroffen, als ich dich kennengelernt habe. Da war es um mich geschehen.“
Wie ein grollender Riese eroberte das Gewitter die Stadt. Der Duft von Regen und nasser Erde hing in der Luft.
„Es heißt“, erinnerte ich mich, „dass Sommergewitter Glück bringen sollen.“ Im Moment spürte ich davon nicht viel.
Tiago lächelte. „Wenn ich bei dir bin, bin ich schon der glücklichste Mensch der Welt.“
„Ich liebe dich wirklich, aber das nächste Gewitter schaust du dir allein an. Da bleibe ich lieber im Trockenen bei Luna.“ Viele Gewitter hatte ich zusammen mit meiner Hündin unter der Bettdecke verbracht. Diesem Plan wollte ich auch zukünftig wieder nachgehen.
So schnell es gekommen war, ließ es auch schon wieder nach. Ein schillernder Regenbogen hing leuchtend am Himmel.
„Nach jedem Regen folgt ein Regenbogen.“
Feuerwerk
Die Nacht wurde für einen Moment taghell. Bunte Farben tanzten über den Himmel, als sei es ein übergroßer Blumenstrauß. Das Feuerwerk spiegelte sich im Wasser der Alb, die tiefschwarz unter der Brücke dahinfloss.
„Schau mal, diese Rakete sieht aus wie ein Herz“, gluckste ich entzückt und schmiegte mich an Tiago. „So schön.“
„Aber nicht so schön wie du“, flüsterte er mir zu. Seine Augen strahlten selbst wie ein Feuerwerk.
Ich errötete leicht und stieß ihn spielerisch an die Schulter. „Du bist ein Schmeichler.“
Knallgeräusche ließen uns erneut aufblicken. Ein Meer aus leuchtenden Blumen und funkelnden Sternen erfüllte die Luft.
„Schau dir das an!“, rief ich begeistert aus.
Tiago hielt mich fest und zeigte auf das Spektakel. „Genauso schön, wie du es dir vorgestellt hast?“
Ich legte meinen Kopf an seine Schulter. „Tausendmal schöner“, flüsterte ich, „weil du bei mir bist.“
Er drückte mich sanft an sich und küsste mich.
Die Lichter am Himmel malten ein schillerndes Gemälde über uns, während wir in unserer eigenen Welt verloren waren.
„Wir sollten uns immer an diesen Moment erinnern. Egal, was noch kommt.“
Tiago nickte zustimmend. „Solange wir zusammen sind, wird jeder Moment besonders sein.“
Das Feuerwerk erreichte seinen Höhepunkt, und wir bewunderten die letzten glitzernden Explosionen. Dann war alles wieder vorbei und schwarze Nacht legte sich erneut über die Stadt, ich lag weiterhin in den Armen meiner großen Liebe.
Kornfeld
„Wie schön. Schau dir diese Sonnenblumen an“, schwärmte ich und riss Tiago fast den Arm aus, als ich hektisch darauf zeigte.
Geschockt blickte er auf, doch dann erkannte er den Grund meiner Euphorie. „Ja, das sind Sonnenblumen“, meinte er emotionslos.
„Wecken sie in dir nicht ein Glücksgefühl, das sich im ganzen Körper ausbreitet“, ich atmete befreit aus, „und dich zum Strahlen bringt?“
„Das löst du in mir aus, aber nicht so eine tellergroße Blume.“
„Tiago, kannst du bitte auch nur einmal ernst bleiben?“
„Das ist mein vollkommener Ernst, mein Sonnenblümchen.“
„Du machst dich über mich lustig!“ Spielerisch beleidigt boxte ich ihn in die Schulter. „Ich finde es unglaublich schön, sie diese großen Blumen über all den anderen Blumen und dem Getreide thronen. Richtig majestätisch.“
„Wie du, mein Sonnenblümchen!“
„Tiago, hör auf damit!“
„Ein Bett im Kornfeld, das ist ist immer frei“, begann er unerwartet zu singen.
„Hä? Was soll das schon wieder?“
„Kennst du das Lied nicht? Egal.“ Er zog mich ins Feld hinein.
„W-was hast du vor?“ Geschockt stolperte ich ihm hinterher.
„Wir suchen uns ein schönes Plätzchen zwischen den Sonnenlumen und schauen sie uns an. Das Kornfeld ist unser Bett.“
„Aha“, machte ich. Mehr fiel mir auf diesen verrückten Vorschlag nicht ein.
„Komm schon“, animierte er mich lachend. „Das wird schön, glaub mir.“
„Bestimmt so schön wie eine Sonnenblume …“, murmelte ich, während ich ihm folgte.
Regenbogen
„Wieso muss es erst so richtig schlecht sein, damit es schön wird?“, seufzte ich.
„Ach, Dinalein, es muss eben erst einmal regnen, bevor es einen Regenbogen geben kann. Zuerst muss es schlecht sein, damit man das Gute, das Wunder überhaupt sehen kann.“
„Du klingst wie ein Philosoph!“
„Mag sein, aber es ist eben so. Daran kann ich auch nichts ändern. Aber hey, du hast doch mich. Ich werde dir immer helfen, ganz egal was kommt.“ Er hauchte mir einen sanften Kuss auf die Wange, wodurch ich mich sofort besser fühlte.
„Danke. Aber ich verstehe das nicht. Wieso muss es solche beschissenen Tage überhaupt geben?“
„Nun ja, für dich vielleicht. Andere finden diesen Tag vielleicht ganz wundervoll“, überlegte Tiago.
„Schön für die anderen! Ich finde ihn beschissen. Hundsmiserabel!“ Ein treffenderes Wort hätte ich nicht finden können.
„Über den Wolken scheint die Sonne“, gab er noch einen dieser philosophischen Sprüche zum Besten.
„Kannst du mal damit aufhören, überall das Gute zu sehen?“, fauchte ich. „Heute ist ein scheiß Tag, da hilft mir die Sonne über den Wolken auch nicht weiter!“
„Ich meine doch nur, dass nicht alles so schlecht ist, wie es scheint“, druckste er.
„Du bist mir vielleicht ein Komiker! Und wo bitteschön siehst du hier den Regenbogen, der nach dem Schlechten kommt?“
„Dina, so weit bist du noch nicht!“, erkannte er. „Ich fürchte, bei dir regnet es noch eine Weile.“
„Na danke!“
Tinder
„Tiago, wir sagen uns doch alles, oder?“ Mit durchbohrendem Blick schaute ich ihn an, was ihn merklich verunsicherte.
„Ja, natürlich“, pflichtete er mir bei.
„Und wir haben keine Geheimnisse voreinander, nicht wahr?“
„Nein, keine Geheimnisse.“
„Und falls etwas passiert, lassen wir es uns gegenseitig immer wissen, habe ich recht?“
„Dina, was willst du?“ Tiago schüttelte verzweifelt den Kopf. „Dein Verhör macht mich fertig.“
„Was ich will? Es stellt sich doch eher die Frage, was du willst!“
„Was ich will? Wieso denn das? Dina, sag mir endlich, worum es geht!“
„Dein Handy lag gestern entsperrt auf dem Tisch und in der Statusleiste wurde angezeigt, dass du eine neue Nachricht erhalten hattest.“
„Und weiter? Was soll daran schlimm sein? Du bekommst doch auch ständig Nachrichten von deinen Freundinnen. Das will ich nur anmerken. Bing, Kim hat geschrieben, bing, Vera hat geschrieben, bing, schon wieder Kim!“
„Sie sind meine Freundinnen, Tiago! Du hingegen hast von keiner anderen Frau als von mir eine Nachricht zu bekommen, die …“
„Spinnst du? Ich kenne schließlich noch andere Frauen. Ich bin ja nicht gleich mit allen zusammen“, fiel er mir ins Wort.
„Lass mich ausreden!“, wies ich ihn streng zurecht. „Du hast von keiner anderen Frau als von mir ein Bild zu bekommen, auf dem etwas Wesentliches fehlt.“
„Nun sag endlich, worum geht es?“
„Klamotten! Du hast von einer gewissen Natalie ein Nacktbild auf Tinder bekommen!“, schrie ich ihn an.
„Mist!“, gab er tonlos von sich.
Fallschirmsprung
Der Wind strich durch die Haare, während ich mit weichen Knien und panischer Angst in der offenen Tür des Flugzeugs stand. Neben mir lächelte Tiago mit derselben Aufregung in den Augen. Er klammerte sich an die Stange.
„Komm schon, du schaffst das!“, rief er mir über den ohrenbetäubenden Lärm des Motors zu.
Ich schluckte schwer und zwang mich zu lächeln. „Hier geht‘s nur bergab, oder?“
„Genau! Und falls wir vergessen, wie man fliegt, zeigen uns die Fallschirme den Weg!“
„Das ist nicht der passende Moment für einen Scherz!“
Der Boden unter uns wurde immer kleiner. Der Moment des Absprungs näherte sich rasend schnell. Als die grüne Lichtanzeige über uns aufleuchtete, sahen wir uns an und wussten, dass es Zeit war.
„Für immer!“, rief ich, dann sprangen wir, Hand in Hand, in die Freiheit.
Die Welt um uns herum wurde zu einem Wirbelwind. Tiago und ich schwebten durch die Luft wie ein Liebespaar im siebten Himmel. Als unsere Fallschirme sich öffneten, entfuhr mir ein panischer Schrei, als wir ruckartig abgebremst wurden.
Langsam sanken wir zum sicheren Boden hinab und landeten schneller als erwartet.
„Das … das war einfach unglaublich!“, kreischte ich und konnte es noch immer kaum glauben, dass wir tatsächlich aus einem Flugzeug herausgesprungen waren.
„Es war einfach großartig!“, fand auch Tiago. Er ließ sich rückwärts ins Gras fallen, indem wir gelandet waren. Die Fallschirme hatten sich so um uns verheddert, dass wir nicht mehr aufstehen konnten.
Tarotkarten
„Was sind das für Karten?“ Neugierig schaute ich Tiago dabei zu, wie er sie mischte.
„Tarotkarten. Mit denen kann ich unsere Zukunft voraussagen.“
„Wirklich? Na hoffentlich sagen die nichts Falsches.“ Ich hatte ein ungutes Gefühl. Zwar fand ich so etwas durchaus spannend, doch die Angst vor unguten Vorhersagen beschlich mich jedes Mal.
„Dann wollen wir doch mal sehen, was uns die Karten sagen.“ Nacheinander legte er drei Karten vor sich ab.
Interessiert beugte ich mich vor, um die magischen Symbole genauer begutachten zu können, doch ich konnte mir daraus keinen Reim machen.
„Die Herrscherin steht für Liebe, Gefühle, Fruchtbarkeit und Schwangerschaft.“
„Das gefällt mir“, gab ich glucksend zu. „Nur ist mir die Schwangerschaft noch etwas früh.“ Die Vorstellung, jetzt schon Mutter zu sein, war etwas einschüchternd.
„Der Bube mit den Münzen steht für ein Geschenk und die fünf Münzen für …“ Er stockte.
„Was ist?“ Panisch schaute ich die Karte an.
„… für Armut, Not und Leid“, beendete er seien Satz und schluckte schwer.
Augenblicklich bereute ich es, dass ich mich auf diesen Hokuspokus eingelassen hatte. Eigentlich glaubte ich nicht daran, doch ungute Vorhersagen schnürten mir immer den Atem ab. „Armut, Not und Leid?“, wiederholte ich mit bebender Stimme. „Also bekommen wir ein Kind, das unser Geschenk sein soll und geraten dadurch in Not und erfahren Leid.“
„So würde ich das auch deuten.“ Bedrückt sah mich Tiago an.
„So eine Scheiße.“ Panik stieg in mir auf.
Neid
„Weißt du, andere Jungs können echt neidisch auf mich sein. Ich habe das größte Glück dieser Erde und will es mit niemandem auf der Welt teilen. Man mag mich egoistisch nennen, aber ich würde nie im Leben auch nur in Erwägung ziehen, meinen Platz zu tauschen.“ Tiago wirkte verträumt.
„Wovon genau sprichst du?“, wollte ich wissen. „Es freut mich sehr, dass du so glücklich bist, aber spiele ich darin auch eine Rolle – zumindest eine kleine?“
„Eine kleine Rolle?“ Tiago lachte auf. „Du bist die Hauptrolle. Ich spreche hier von meinem Leben und wie neidisch jeder andere Kerls sein kann, der nicht dich zur Freundin hat.“
„Wirklich?“ Ich schmolz bei seinen Worten regelrecht dahin. „Das ist so romantisch. Tiago, ich liebe dich so sehr. Ich wollte dich auch gegen nichts auf der Welt eintauschen.“
„Sehr schön, dann sind wir uns ja einig.“
„Und wie! Die beiden größten Schätze der Welt haben sich gefunden und sind glücklich miteinander. Alle anderen sollen grün vor Neid werden.“ Glücklich hauchte ich ihm einen Kuss auf die Wange.
„Wie recht du hast. Alle anderen sollen vor Neid erblassen. Wir sind unser größtes Geschenk, das keiner je bekommen wird.“
Perlenkette
Mit einer kleinen Schatulle stand Tiago vor mir. An seinem Gesicht konnte ich deutlich ablesen, dass er es vor Aufregung kaum noch aushielt.
„Ich habe etwas für dich.“ Auf seinem Gesicht breitete sich das schönste Lächeln aus, das ich je gesehen hatte. Er reichte mir das kleine Kästchen. Mit zitternden Fingern nahm ich es entgegen und öffnete den Deckel.
„Für mich?“ Ehrfurchtsvoll nahm ich das edle Schmuckstück heraus. Es war eine schillernde Perlenkette aus edelstem Perlmutt. „Das muss ein Vermögen gekostet haben.“
„Du bist es mir wert. Das kostbarste für das kostbarste. Darf ich?“ Freudestrahlend legte er mir die Kette um den Hals und küsste mich sanft auf den Nacken.
„Ich liebe diese Kette. Danke. Und dich liebe ich noch mehr.“
„Du bist so wunderschön“, sagte er, während wir uns gemeinsam im Spiegel ansahen.
„Ein wunderschönes Paar, glücklich und verliebt“, flüsterte ich.
„Ein wunderschönes Paar und wertvoll noch dazu.“
Coverband
„Was hältst du davon, wenn wir auf ein Konzert gehen?“, schlug ich vor. Dieses Wochenende sollte eine Band hier in Ettlingen auftreten.
„Das ist doch bloß eine Coverband“, maulte Tiago. Für ihn schien das wenig verlockend zu klingen.
„Was hast du gegen eine Coverband?“ Klar, das Original war natürlich immer besser, doch eine gute Coverband konnte ebenfalls für gute Stimmung sorgen. Daran hatte ich keinen Zweifel.
„Ne, irgendwie will ich das nicht. Das ist doch bloß eine billige Kopie.“ Tiago verzog das Gesicht. „Ich höre mir ja auch keine gebrannte CD an.“
„Merkst du da einen Unterschied?“, hakte ich irritiert nach. Zuhause hatte ich einen beachtlichen Vorrat an gebrannten CDs, an denen ich keinen Unterschied feststellen konnte.
Meine Frage brachte ihn ins Straucheln. „Nein, eigentlich nicht … aber es ist eben ein anderes Gefühl, wenn Álvaro Soler auf der Bühne steht, als so eine billige Kopie. Den sehe ich ja!“
„Soll ich dir lieber etwas vorsingen?“
„Bloß nicht! Du hast mich überzeugt. Natürlich will ich dich zu dieser Band begleiten“, lenkte er schnell ein.
Ich wusste nicht, ob ich beleidigt sein sollte. Sang ich wirklich so schlecht? Und hatte er mich überhaupt schon einmal singen gehört – Ausgenommen unter der Dusche?
Maskenball
„Manchmal frage ich mich, wieso damals die Leute Masken auf einen Ball angezogen haben. Das ist doch völlig idiotisch. Hatten die so hässliche Gesichter, dass sie sich verstecken mussten?“ Tiago blätterte belustigt einige Bilder durch, die er von seiner Oma gefunden hatte.
„Na ja, es war eben eine andere Zeit.“ Ich guckte ihm über die Schulter. „Die Kleider waren auch … speziell. Ich würde nie im Leben ein Korsett tragen wollen, das die ganze Luft abschnürt. In diesen Dingern konnten die Frauen kaum atmen. Pure Folter, so etwas anzuziehen!“
„Zum Glück durften wir Männer auch damals Hosen tragen. Ich hätte mir auch nicht freiwillig so ein Ding umgebunden.“
„Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Obwohl ich den Maskenball von Aschenputtel sehr liebe, würde ich selbst keinen machen wollen.“
„Das kann ich gut verstehen.“ Tiago blätterte weiter. Das nächste Bild zeigte seine Oma, die genau so aussah, wie sie sich fühlen musste. Ihrem Gesichtsausdruck konnte man deutlich ablesen, was für eine Qual es für sie gewesen sein musste.
„Nein, ich will das gar nicht sehen!“ Erleichtert zupfte ich mir meine gemütliche Jogginghose zurecht und krempelte mir die Ärmel meines übergroßen Kapuzenpullovers nach oben. Was würde wohl Tiagos Oma über mein Outfit sagen?
Sehnsucht
„Tiago“, heulte ich ins Telefon, „ich habe solche Sehnsucht nach dir! Ich bin völlig auf“ – ein tiefer, kläglicher Schluchzer machte es mir unmöglich weiterzusprechen – „Umarmungs-Entzug.“ Ich ließ ihm gar keine Zeit für eine Antwort: „Tiago, bitte komm wieder zu mir. Ich vermisse dich so unglaublich. Es zerreißt mir das Herz, von dir getrennt zu sein.“
„Dina, mi amor, ist alles gut bei dir?“ Tiago schien meinen seelischen Notstand nicht zu begreifen. Vermisste er mich etwa nicht?
„Ich ertrage es nicht, so lange von dir getrennt zu sein!“, wimmerte ich weiter. Tränen kullerten mir über die Wange.
Luna, meine Hündin, saß neben mir auf dem Sofa und guckte mich ihrem treuen Hundeblick an. Sie spürte ganz genau, wie schlecht es mir ging – die halbleere Taschentuchbox hatte es ebenfalls erkannt. Um mich etwas zu beruhigen, schmiegte ich mich an Lunas weiches Fell und heulte in sie hinein.
„Dina?“, schallte es verwirrt aus meinem Telefon.
„Luna, ich bin so allein!“, klagte ich weiter.
Luna stupste mich aufmunternd mit ihrer feuchten Nase an und winselte leise.
„Dina!“, rief Tiago erneut. Endlich brachte ich die Kraft auf, das Telefon ans Ohr zu halten und ihm eine Antwort zu geben.
„Ja?“, krächzte ich mit brüchiger Stimme.
„Dir ist schon klar, dass ich gerade nur beim Bäcker bin und in einer viertel Stunde wieder bei dir bin?!“
„Ja“, heulte ich. „Eine viertel Stunde ohne dich ist wie ein Jahrhundert ohne … ach, keine Ahnung.“ Abermals kämpfte ich gegen meine Tränen an. „Es ist einfach schrecklich! Komm bitte so schnell zurück, wie du nur kannst! Ich habe solche Sehnsucht nach dir! Ich ertrage es nicht länger. Keine Sekunde!“
„Du hast doch Luna!“, meinte er. „Und ich bin doch gleich da!“
Das bekam ich schon gar nicht mehr mit, da ich heulend aufgelegt hatte.
„Ich vermisse ihn so!“, murmelte ich schniefend, während ich mein tränenüberströmtes Gesicht in Lunas Fell vergrub.
kitschig
Tiago kam mir ganz nahe und schaute mir tief in die Augen – schweigend.
„Du hast die schönsten Augen der Welt, mi amor“, hauchte er.
„Wenn ich dir tief in die Augen schaue, kann ich die Schönheit der Welt erblicken und die Magie, die zwischen uns liegt.“ Meine poetische Beschreibung verwunderte mich selbst.
Abrupt wandte er den Blick ab und verdrehte die Augen. „Näh!“, machte er.
„Was ist denn los?“ Hatte ich etwas Falsches gesagt?
„Kitschig, das ist einfach nur kitschig!“
„Und was genau soll an Kitsch schlimm sein? Kitschig ist süß!“ Ich konnte es nicht fassen. Er hatte einfach den perfekten Moment zerstört … weil es ihm zu kitschig war!
„Ne, das ist einfach nur albern. Sowas finde ich echt bescheuert.“
„Aber … aber Tiago!“ Darauf fand ich keine Worte mehr. „Wieso?“
„Ich finde dich wirklich süß, Dina, ich habe dich schrecklich lieb, aber kitschig müssen wir deshalb nicht werden!“
„Du bist ein Depp! Ich sage gerade zu dir aus tiefstem Herzen meine Gefühle und du drehst dich weg und nennst mich kitschig!“
„Aber es ist doch kitschig!“, wiederholte er sich.
„Na und?“ Was genau hatte er gegen Kitsch? Ich verstand es einfach nicht. Er konnte so romantisch und kitschig sein, das hatte er schon so oft bewiesen. Wieso jetzt auf einmal nicht mehr? Ich verstand die Welt nicht mehr!
Geburtstagsüberraschung
Müde schlappte ich in die Wohnung. Selbst das Aufschießen schien zu schwer zu sein. Ich wollte einfach nur noch ins Bett. Mein Chef hatte mir ohne Vorwarnung eine Doppelschicht aufgebrummt, obwohl er genau wusste, dass morgen mein Geburtstag war.
Ich knipste das Licht an und …
„Überraschung!“, riefen Kim, Vera und Tiago, die am Tisch saßen und Karten in der Hand hielten.
„W-was macht ihr denn hier?“ Damit hatte ich absolut nicht gerechnet. Überrumpelt setzte ich mich erst einmal hin.
„Wir feiern in deinen Geburtstag rein“, teilte mir Kim überglücklich mit.
„Oh nein! Ich wollte doch nur noch ins Bett. Ich bin todmüde!“, klagte ich.
„Aber Dina, morgen ist doch dein Geburtstag“, meinte Tiago und lächelte mich an.
„Du sagst es: morgen!“ Ich blickte auf die Uhr. Es war zehn Minuten vor Mitternacht. Na gut, das würde ich noch durchhalten. Sollten sie mir eben gratulieren und dann zügig verschwinden! Ich wollte morgen fit sein!
Als es soweit war, fielen mir alle drei gleichzeitig um den Hals, um mir alles Gute zu wünschen.
„Danke, und jetzt geht!“, meinte ich.
„Jetzt schon? Ich habe so viel geplant“, meinte Kim geknickt.“
¡Dios mio! Ein Grund mehr, um sie schleunigst loszuwerden. Wenn Kim etwas plante, ging es selten gut.
„Ich habe doch Geburtstag“, setzte ich daher an, „,dann darf ich mir doch etwas wünschen.“
„Ja!“, sagten alle einstimmig und warteten gebannt auf meinen Wunsch.
„Verschwindet, ich will schlafen!“, teilte ich ihnen unmissverständlich mit, machte kehrt und verschwand im Bad.
durch dick und dünn
„Schau mal, wie fett ich bin!“ Mit weit aufgerissenen Augen stand ich vor dem Spiegel und kniff mir in die Hüfte.
„Du bist doch nicht fett!“, widersprach mir Tiago sofort.
„Das sagst du nur so“, wusste ich. „Du willst mich nicht verletzen.“
„Das stimmt, ich will dich nicht verletzen. Aber ich sage es nicht nur so, Dina: Du bist perfekt. Da gibt es weitaus dickere als dich.“
„Siehst du“, maulte ich direkt los. „Es gibt fettere. Also nennst du mich doch fett!“
„Dina!“ Tiago raufte sich die Haare. „Herrje, darauf hätte ich mich echt nicht einlassen dürfen. Mein Opa hatte damals zu mir gesagt: ‚Junge, sprich nie mit einer Frau über ihr Gewicht. Egal was du sagst, du kannst nur verlieren.‘ Ich habe das Gefühl, er hatte verdammt recht. Früher wollte ich ihm nicht glauben, aber …“
„Tiago!“, murrte ich erbost. „Halt die Klappe oder sag mir, dass ich fett bin!“
„Und was hast du davon, wenn ich lüge?“
Für einen Moment wusste ich nicht, was ich darauf erwidern sollte.
„Du bist perfekt. Genau so liebe ich dich. Das ist alles, was für mich zählt. Ob da jetzt drei Kilo mehr oder weniger auf der Waage stehen, ist mir herzlich egal! Ich liebe dich, nicht dein Gewicht!“
„Tiago“, setzte ich an und ließ meinen Speckring los, der sich augenblicklich in Luft auflöste und nie existiert zu haben schien. Verblüfft guckte ich in den Spiegel und fuhr meine Hüfte mit der Hand nach.
„Siehst du, da ist nichts“, meinte Tiago.
„Du hast recht!“ Meine Stimme klang rau. „Ich bin viel zu dünn. Tiago, ich bin viel zu dünn …“
Mückenschwarm
„Aaaah, ich werde massakriert! Sie verfolgen mich. Die wollen mich aussaugen!“, kreischte ich und fuchtelte wie besessen mit den Händen.
Ein fieser Stechmückenschwarm verfolgte mich. Die kleinen Biester streckten ihre gierigen, nach Blut lechzenden Rüsselchen nach mir aus, vor denen es kein Entkommen gab.
„Machst du einen Aufstand“, amüsierte sich Tiago über mich.
Er hatte gut reden. Ihn hatten sie schließlich nicht ins Visier genommen. Nur ich hatte das … Vergnügen.
„Anscheinend schmeckst du einfach besser“, fand er. „Und es ist wissenschaftlich bewiesen, dass die Mücken deutlich mehr die Frauen attackieren. Ihr habt dünnere und wärmere Haut, was denen gefällt.“
Wären es andere Umstände, hätte ich mich sicher darüber gefreut, doch diesen Biestern wollte ich nun wirklich nicht schmecken!
„Aber sieh es mal so, es ist doch fair“, setzte er an.
„Fair?“, kreischte ich empört und erschlug gleich zwei dieser Quälgeister auf meinem Arm.
„Nur die Weibchen saugen Blut, die Männchen brauchen das nicht.“
„Na herrlich, und deshalb sollen die an mir saugen? Nur weil ich das Weibchen bin?“
Tiago zuckte mit den Schultern.
„Du hast nen Knall. Ganz ehrlich. Wie kannst du nur so ruhig bleiben?“
„Ich habe nur einen Knall, und der bist du. Die wollen eh alle nur zu dir“, stellte er schadenfroh fest.
„Na ganz große Klasse. Zumindest bei den Stechmücken bin ich beliebt“, maulte ich.
„Selbst bei den Stechmücken“, verbesserte mich Tiago. „Du bist bei allen beliebt. Am meisten bei mir.“
„Aber du saugst mich nicht aus!“
„Weißt du das?“ Er kicherte.
Darauf wollte ich mich nicht einlassen. „Du überträgst keine tödlichen Krankheiten!“
„Das ist ein Argument!“, fand er. Dann zog er mir seine Jacke über, um mich davor zu bewahren, auch den letzten Tropfen Blut zu verlieren, und gab mir mit den Worten „Ich begebe mich hier mal für dich ins Gefahrengebiet!“ einen Kuss.
aussichtslos
„Hach, wo soll das mit uns nur hinführen?“, schwärmte Tiago und schloss die Augen. „Es ist wirklich aussichtslos.“
„Tiago, was hast du?“ Verwundert blickte ich ihn an. Wollte er uns etwa aufgeben?
„Ich liebe dich so sehr, dass unsere Liebe wirklich grenzenlos ist und ich einfach nicht weiß, wo es hinführen wird.“
„Ach so meinst du das. Tiago, mir fällt echt ein Stein vom Herzen. Ich dachte wirklich für einen Moment …“ Diesen Satz konnte ich unmöglich weitersprechen. Allein die Vorstellung daran war zu schmerzlich.
„Nein, Dina, auf keinen Fall! Da müsste ich schon blöd sein, wenn ich einen Schatz wie dich verlieren würde.“
„Aw, du bist wirklich süß, mi amor“, gluckste ich überglücklich. Ja, Tiago war wirklich der Kerl, mit dem ich mein Leben bis ans Ende aller Tage verbringen wollte. Im positiven Sinne: aussichtslos!
Sommersprossen
„Wie süß das aussieht!“, quiekte ich und beugte mich über Tiago.
Er hatte die Augen geschlossen und gab nur ein fragendes Brummen von sich.
„Dina, kannst du mir einen Gefallen tun?“
„Alles, was du willst!“ Ich würde alles für ihn tun – wirklich alles!
„Sei bitte so lieb und geh aus der Sonne.“
Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet, doch verdattert tat ich ihm den Gefallen.
„Danke, du bist eine wahre Göttin“, säuselte er weiter. „Deine Wärme, in der ich mich so geborgen fühle. Und bist du einmal nicht da, so vermisse ich dich bereits in der ersten Sekunde und warte sehnsüchtig auf deine Rückkehr.“
„Du bist so süß, Tiago. Ich kann auch keine Sekunde ohne dich sein“, gluckste ich.
„Ich spreche gerade von der Sonne, aber dich mag ich natürlich auch.“
„Du bist ein Depp!“, empörte ich mich und kippte ihm den Inhalt meines Wasserglases übers Gesicht. Erschrocken richtete er sich auf und wischte sich hektisch sein mit Sommersprossen übersätes Gesicht trocken.
„Und du bist süß“, meinte er. „Dina, du bist meine Sonne. Ohne dich kann ich nicht sein! Du bist mein wärmendes Licht in kalter Nacht.“
„Du meinst wohl der wärmende Fuß in deinem Bett“, wandte ich ein und zerstörte den romantischen Moment, noch ehe er überhaupt keimen konnte. Tiago ließ sich jedoch nicht beirren.
„Du bist mein Sonnenstrahl, der mir den Weg leitet und ich dich immer als Sommersprossen bei mir trage, um dich nie zu vergessen.“
„Dass bei Regen die Sonne nicht scheint, weißt du schon, oder?“, meinte ich.
„Wieso zerstörst du permanent unseren Moment?“, maulte er.
„Ich? Du hast doch damit angefangen“, konterte ich.
„Einigen wir uns darauf, dass Kim schuld war …“, wandte ich ein.
„Okay“, kicherte er, dann küssten wir uns.
Hitze
Stöhnend vor Hitze lag ich auf der Wiese im Stadtgarten. Vergeblich hatte ich mir eine Abkühlung im Schatten der Bäume erhofft. Die Hitze stand selbst im Schatten und ließ mich kaum atmen. Flirrend waberte die überhitzte Luft vor mir.
„Dina, mein Rotköpfchen“, empfing mich Tiago lachend.
„Hey“, empörte ich mich, „das war nicht nett.“
„Aber ehrlich“, fügte er schulterzuckend hinzu. „Du solltest dich nicht so lange in der Sonne aufhalten.“
„Was denkst du, was ich hier versuche. Ich flüchte in den Schatten vor der Sonne! Soll ich mich eingraben?“
„Das wäre wahrscheinlich sogar sehr effektiv“, gab er zu bedenken. „Ich würde mich gleich mit verbuddeln.“ Anklagend deutete er auf dir Schweißringe unter seinen Armen, die dem örtlichen Baggersee ohne Mühe Konkurrenz boten.
„Heiß!“, stöhnte ich und fächelte mir etwas Luft zu.
„Danke. Und draußen ist es auch viel zu warm.“
„Tiago!“ Fassungslos schüttelte ich den Kopf. „Du Chaot.“
Sprungturm
„Verdammt, ist das hoch! Tiago, ich kann das nicht!“ Mit weit aufgerissenen Augen stand ich auf dem Sprungbrett des fünf Meter hohen Sprungturms des örtlichen Freibads. Tiago feuerte mich vom Beckenrand aus an.
„Los, du schaffst das“, rief er mir zu. Er war kurz vor mir gesprungen – sogar kopfüber!
„Das sind nur fünf Meter. Du hast schon viel mehr geschafft. Auf unserem Flug nach Spanien waren wir mehrere tausend Meter in der Luft.“
„Du kannst keinen Sprungturm mit einem Flugzeug vergleichen!“ Das half mir herzlich wenig, um meine Angst zu überwinden. „Außerdem springe ich nicht aus dem Flugzeug.“
„Eben“, pflichtete mir Tiago bei, „nur von einem Fünf-Meter-Brett. Das schaffst du!“
„Da geht es über acht Meter nach unten!“, bibberte ich.
„Bis zum Beckengrund, ja. Aber du springst doch nicht auf bis auf den Boden. Das Wasser fängt dich – und ich bin sofort bei dir, sobald du gesprungen bist!“
Die Vorstellung, in seine Arme zu fallen, stärkte mich ungemein. Ich atmete tief durch, holte ein letztes Mal Luft und sprang. Schreiend stürzte ich in die Tiefe.
Als ich wieder auftauchte, erwartete mich Tiago bereits und schloss mich fest in die Arme.
„Du hast es geschafft!“, freute er sich.
„Ich lebe noch!“, keuchte ich.
„Du lebst noch!“, wiederholte er grinsend. „Ich bin so stolz auf dich, mi amor!“
peinlich
„Tiago? Was … genau machst du da?“ Verwirrt schaute ich meinem Freund dabei zu, wie er Rosenblätter um unsere Liegematte im Park verteilte. „Hör auf damit, die Leute gucken schon!“, wies ich ihn darauf hin.
„Ich bin romantisch“, klärte er mich auf und setzte unbeirrt seine Runde als Blumenkind fort. Er schien mit den neugierigen Blicken der Parkbesucher keine Probleme zu haben.
„Tiago, bitte hör auf, das ist mir echt peinlich!“ Obwohl ich es süß finden wollte, schämte ich mich nur für seine Aktion. Ja, sein herzliches Lächeln verzauberte mich und ließ mich fast dahinschmelzen, aber das? Wieso ausgerechnet hier im Park? Konnte er das nicht zuhause in der Küche machen?
„Dina“, sagte er viel zu laut und ließ das letzte Rosenblatt fallen, „du bist meine Sonne an dunklen Tagen, mein Leuchtturm in der Ferne, mein Anker im Sturm, …“
„O Gott!“, entfuhr es mir. Beschämt versteckte ich mich hinter meiner Wasserflasche, die ich schützend vor mich hielt. Ich spürte, wie mich die Blicke der Parkbesucher durchbohrten. „Bitte … hör auf“, fiepste ich.
„… meine Prinzessin im Schloss, mein Zucker im Kuchen …“, fuhr er unbeirrt fort. Er strahlte mich überglücklich an, bemerkte mein beschämt rotes Gesicht und fügte grinsend hinzu: „… meine Göttin des Olymp, mein Stern in finsterer Nacht und meine Tomate im Gemüsebeet …“
„Peinlich!“, versuchte ich ihm mit zusammengebissenen Zähnen klarzumachen.
„Dina“, Tiago ging vor mir auf die Knie, „willst du …“
„Oje“, entfuhr es mir.
„… meine Frau werden?“
Love is in the air
„Tiago? Was … genau machst du da?“ Verwirrt schaute ich meinem Freund dabei zu, wie er Rosenblätter um unsere Liegematte im Park verteilte. „Hör auf damit, die Leute gucken schon!“, wies ich ihn darauf hin.
„Ich bin romantisch“, klärte er mich auf und setzte unbeirrt seine Runde als Blumenkind fort. Er schien mit den neugierigen Blicken der Parkbesucher keine Probleme zu haben.
„Tiago, bitte hör auf, das ist mir echt peinlich!“ Obwohl ich es süß finden wollte, schämte ich mich nur für seine Aktion. Ja, sein herzliches Lächeln verzauberte mich und ließ mich fast dahinschmelzen, aber das? Wieso ausgerechnet hier im Park? Konnte er das nicht zuhause in der Küche machen?
„Dina“, sagte er viel zu laut und ließ das letzte Rosenblatt fallen, „du bist meine Sonne an dunklen Tagen, mein Leuchtturm in der Ferne, mein Anker im Sturm, …“
„O Gott!“, entfuhr es mir. Beschämt versteckte ich mich hinter meiner Wasserflasche, die ich schützend vor mich hielt. Ich spürte, wie mich die Blicke der Parkbesucher durchbohrten. „Bitte … hör auf“, fiepste ich.
„… meine Prinzessin im Schloss, mein Zucker im Kuchen …“, fuhr er unbeirrt fort. Er strahlte mich überglücklich an, bemerkte mein beschämt rotes Gesicht und fügte grinsend hinzu: „… meine Göttin des Olymp, mein Stern in finsterer Nacht und meine Tomate im Gemüsebeet …“
„Peinlich!“, versuchte ich ihm mit zusammengebissenen Zähnen klarzumachen.
„Dina“, Tiago ging vor mir auf die Knie, „willst du …“
„Oje“, entfuhr es mir.
„… meine Frau werden?“
High Heels
„Dina, ich will mich ja nicht einmischen, aber ich denke nicht, dass du in High Heels laufen solltest.“ Tiago hatte mich untergehakt, während wir durch die Ettlinger Innenstadt liefen, die vollständig aus großen Kopfsteinpflastern bestand.
„Ich will aber schick sein“, verteidigte ich meine wirklich ungeschickte Schuhwahl. Glücklich war ich im Nachhinein auch nicht damit, doch da ich diese Hell Heels über eine halbe Stunde verteidigt hatte, wollte ich jetzt nicht nachgeben und ihm die Genugtuung lassen.
„Ich meine ja nur … du stolperst mir hinterher wie eine beschwipste Achtzigjährige, die ihren Rollator zuhause vergessen hat.“
„Ey, das war gemein!“
Doch anstatt auf die Diskussion, konzentrierte ich mich mit aller Kraft aufs Laufen. Ich wusste, wieso ich eigentlich nie solche absonderlichen Schuhe trug. Sie waren unbequem, unpraktisch und alles, was noch mit un- beginnt.
Tiago hatte es mir direkt prophezeit, dass ich in Ettlingen mit solchen Schuhen nicht laufen sollte. Stur, wie ich war, hatte ich das Gegenteil behauptet und darauf beharrt, es ihm zu beweisen. Und genau das versuchte ich gerade – wobei ich mich regelrecht bloßstellte. Ohne die Stütze, in Tiagos Arme eingehängt zu sein, hätte ich kläglich versagt, überhaupt einen Schritt freihändig hinzubekommen. Herrje, ich kam mir vor wie ein Kleinkind, das gerade erst zu laufen gelernt hatte.
„Habe ich es dir nicht gleich gesagt?“ Schelmisch grinsend beobachtete er mich bei meinen schwankenden Gehversuchen.
„Das klappt!“, maulte ich. Nur, um es ihm ein für alle mal zu beweisen, ließ ich ihn los und lief ein paar Schritte allein. Tja, es war wie auf einer Slackline. Die ersten Schritte klappten tatsächlich. Doch dann geriet ich aus dem Gleichgewicht, mein Absatz verfing sich zwischen zwei Pflastersteinen und ich verlor die Balance. Mit einem Rums lag ich langgestreckt auf der Straße – mit einem aufgeschlagenen Knie und aufgeschürften Händen. Na super!
„Dina!“ Mit einem lauten Schrei stürzte Tiago zu mir hin und half mir wieder auf die Beine. „Alles in Ordnung? Sieh es endlich ein, dass diese Dinger nichts für dich sind.“ Damit riss er mir die Stöckelschuhe von den Füßen und schlug die Absätze ab.



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