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Bloß keinen Verdacht erregen!

„Wer sich seinen Feind zum Freund macht, ist vollkommen übergeschnappt!“, japste die Mutter aufgebracht.

„Wer sich seinen Feind zum Freund macht, hat keinen Feind mehr“, meinte Rico, der noch immer verzweifelt die Hasenmutter überzeugen wollte, dass von ihm keine Gefahr ausging.

„Ach, dann spielt doch zusammen!“, motzte sie nun ihre Kinder an, die noch immer um Rico geschart standen. „Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt!“ Damit drehte sie sich um und verschwand im Bau.

„Mach dir nichts daraus. Du weißt, Mama ist streng und skeptisch. Spielen wir einfach weiter“, meinte Hopelina, die zwar etwas betrübt war, es sich aber nicht anmerken ließ. Sie versuchte, die schlechte Stimmung zu überspielen.

„Nein, tut mir leid. Ich sollte auch wieder nach Hause gehen. Nicht, dass meine Eltern aufwachen und ich bin nicht da. Sicher suchen sie mich.“ Rico verabschiedete sich von seinen Freunden und kehrte zur elterlichen Höhle zurück. Auf dem Rückweg grübelte er, wie er der Hasenmutter beweisen konnte, dass er ein liebes Bärchen war und ihr und ihren Kindern nie etwas zuleide tun würde. Aber ihm fiel leider keine Antwort auf diese Frage ein.

Tatsächlich waren seine Eltern schon wach, denn seine Mutter Shira und sein Vater Toby hockten an den Eingang gelehnt und ließen sich, wie Rico zuvor, das Gesicht von den ersten wärmenden Sonnenstrahlen des Frühlings bescheinen.

„Rico, mein kleiner Herumtreiber“, rief Shira erfreut, als sie ihren Sohn erblickte, „schon so früh unterwegs? Was hast du gemacht?“

„Guten Morgen, Mama und Papa.“ Kurz stockte er. Von den Hasen durfte er nichts erzählen. Was sollte er stattdessen sagen? „Ich“, setzte er langsam an, doch dann sprudelte es nur so aus ihm heraus: „Ich war am Fluss und habe mir das Gesicht gewaschen. Das machen anständige Bärenkinder schließlich so. Dann habe ich den Wald begrüßt und mit den Bäumen geredet. Ihr werdet es nicht glauben: Sie haben mir sogar geantwortet. Sie haben mit den Blättern geraschelt.“

„Wie schön“, freute sich Toby, „dass du so anständig bist. Gerade nach einem so langen Schlaf ist es wichtig, sich gründlich zu putzen. Und genau das werde ich jetzt tun.“ Der große Bär rappelte sich auf und trabte ebenfalls zum Fluss, an dem sich bereits Rico erfrischt hatte.

„Warte!“ Shira, die sich natürlich auch frischmachen wollte, sprang auf und folgte ihrem Mann. Rico jedoch blieb allein an der Höhle zurück und genoss die Sonne. Seit sein Vater ihn im Vorjahr in den kalten Fluss geworfen hatte, vermied er es, gemeinsam mit ihm in die Nähe des Wassers zu gehen. Noch einmal wollte er sich nicht nass machen lassen.

Wieder summte er seine eigene Melodie vor sich hin, die ihm so gut gefiel.

„Was summst du da?“, wollte eine Stimme hinter ihm wissen und Rico sprang erschrocken auf. Er fuhr herum und konnte seinen Augen kaum trauen.

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